Halten ist nicht drücken

Auch wenn unsere Muskeln beim Halten und Drücken die gleiche Kraft erzeugen, stecken womöglich verschiedene Prozesse dahinter. Eine neue Studie liefert starke Hinweise darauf, dass es bei der isometrischen Muskelarbeit unterschiedliche Formen gibt.

In den Sport- und Gesundheitswissenschaften wurde lange davon ausgegangen, dass es nur eine isometrische Muskelaktionsform gibt. Dr. Laura Schaefer und Prof. Frank Bittmann vom Neuromechanics Lab der Universität Potsdam verfolgen die These, dass sich isometrische Muskelarbeit unterscheiden lässt in isometrisches Halten („holding isometric muscle action“, HIMA) und isometrisches Drücken („pushing isometric muscle action“, PIMA). Der Vergleich der beiden Muskelaktionsformen ergab signifikante Unterschiede in der Kraftausdauer und zum Teil auch im muskulären Oszillationsverhalten, das mittels Mechanomyografie erfasst wurde.

Die haltende und die drückende isometrische Muskelarbeit unterscheiden sich vor allem dahingehend, wie lange sie aufrechterhalten werden können: Drückende Muskelarbeit lässt sich bei gleicher Kraft länger durchhalten als haltende, die wohl einer komplexeren neurologischen Steuerung unterliegt. Dies wiederum macht das Halten möglicherweise anfälliger für Störungen. Inwiefern dies mit der Entstehung von Beschwerden oder Verletzungen zusammenhängt, bleibt noch zu erforschen. Dazu könnte die adaptive Kraft untersucht werden, die letztlich auf der HIMA beruht. In weiteren Studien werden mögliche Einflüsse auf die adaptive Kraft, z. B. die Wirkung unterschiedlicher olfaktorischer Inputs und emotional wirksamer Imaginationen, untersucht.

Quelle:
Universität Potsdam

Literatur:
Schaefer LV, Bittmann FN: Paired personal interaction reveals objective differences between pushing and holding isometric muscle action. PLoS One 2021; 16(5): e0238331

Bild:
Tatomm iStockphoto.com

Von der Stammzelle zum Muskel

Drei oszillierend hergestellte Proteine bewirken, dass aus den Stammzellen der Muskeln kontrolliert neue Muskelzellen hervorgehen. Wie dieser Prozess im Detail erfolgt, berichtet ein Team vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) in Berlin.

Wenn ein Muskel wächst, bildet ein Teil der im Muskel enthaltenen Stammzellen neue Muskelzellen. Parallel dazu müssen die Muskelstammzellen aber auch weitere Stammzellen bilden, sich also selbst erneuern, da ihr Vorrat ansonsten sehr schnell aufgebraucht wäre. Dazu ist es erforderlich, dass sich die am Muskelwachstum beteiligten Zellen untereinander verständigen. Bereits vor 2 Jahren hatte ein Team um Prof. Carmen Birchmeier, Berlin, gezeigt, dass die Entwicklung von Stammzellen zu Muskelzellen mithilfe zweier Proteine, Hes1 und MyoD, gesteuert wird, die in den Vorläuferzellen oszillieren – also periodisch schwankend mal in größeren, mal in kleineren Mengen hergestellt werden. Beide Proteine sind am Notch-Signalweg beteiligt, einem Mechanismus, über den Zellen auf äußere Reize reagieren und miteinander kommunizieren. „In unserer aktuellen Studie haben wir nun den eindeutigen Nachweis erbracht, dass es sich bei der Oszillation im Muskelgewebe nicht nur um irgendein seltsames Phänomen der daran beteiligten Zellen handelt, sondern dass diese rhythmischen Schwankungen der Genexpression wirklich entscheidend dafür sind, dass die Verwandlung der Stammzellen in Muskelzellen kontrolliert und nur begrenzt erfolgt“, sagt Birchmeier.

Gemeinsam mit Forschenden aus Japan und Frankreich wurde zudem die Rolle eines entscheidenden dritten Proteins entschlüsselt, das mit Hes1 und MyoD ein dynamisches Netzwerk in den Zellen bildet. Es handelt sich dabei um den Notch-Liganden Delta-like1 (Dll1). Er wird in aktivierten Muskelstammzellen periodisch schwankend mit einer Oszillationszeit von 2–3 Stunden hergestellt. Immer wenn ein Teil der Stammzellen vermehrt Dll1 exprimiert, ist die Menge in den anderen Zellen entsprechend geringer. Diese rhythmische Signalgebung entscheidet darüber, ob eine Stammzelle eine neue Stammzelle bildet oder sich zu einer Muskelzelle entwickelt. Den wichtigsten Beweis hierfür haben die Forscher mithilfe genveränderter Mäuse erbracht. Eine bestimmte Mutation im Dll1-Gen bewirkt bei diesen Tieren, dass die Produktion des Proteins mit einer zeitlichen Verzögerung von wenigen Minuten erfolgt. Dies stört die oszillatorische Herstellung von Dll1 in Zellverbänden, verändert aber nicht die Gesamtmenge des Liganden. „Dennoch hat die Mutation schwerwiegende Auswirkungen auf die Stammzellen, die sich dadurch vorzeitig in Muskelzellen und -fasern verwandeln“, berichtet Erstautor Yao Zhan. Die Stammzellen seien somit sehr schnell aufgebraucht gewesen. Das habe unter anderem zur Folge gehabt, dass ein verletzter Muskel in den Hinterbeinen der Mäuse nur unzureichend regenerierte und kleiner blieb, als er es vor der Verletzung gewesen war.

Das bessere Verständnis für die Regeneration und das Wachstum von Muskeln könne eines Tages dazu beitragen, so die Hoffnung der MDC-Forscher, Muskelverletzungen und -erkrankungen effektiver als bisher zu behandeln.

Quelle:
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft

Literatur:
1 Zhang Y et al.: Oscillations of delta-like1 regulate the balance between differentiation and maintenance of muscle stem cells. Nat Commun 2021; 12(1): 1318

Bild:
Stammzellen an einer Muskelfaser (grau). Die Stammzellen produzieren Dll1 (rot) und MyoD (grün). Zwei der Zellen produzieren MyoG (blau): Sie bilden neue Muskelzellen. Die Überlagerung von blau, grün und rot erscheint weiß.

©AG Birchmeier, MDC

Myotuben wandern im Verbund

Die Vorläufer von Muskelfasern wandern gemeinsam, indem sie Filopodien bilden, mit denen sie sowohl aneinander als auch am Untergrund haften. Ein Marburger Forschungsteam beschreibt erstmals im Detail, welcher molekulare Mechanismus dieser Art von Zellbewegung zugrunde liegt.

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Neue Ansätze für die Regeneration von Sehnenverletzungen

Um neue therapeutische und diagnostische Möglichkeiten zur Behandlung von Sehnenverletzungen unter Zuhilfenahme der Nanomedizin zu entwickeln, fördert die EU im Rahmen des Forschungsprogramms „Horizon 2020“ das Konsortium „P4 FIT“.

Da sich Sehnen im Vergleich zu Muskeln oder Knochen schlechter regenerieren, ist der Heilungsprozess oft langwierig. Hier setzt das neue Konsortium P4 FIT an. Ziel der beteiligten Forscher ist es, verschiedene medizinische Forschungsansätze zu kombinieren. Dabei sollen Nanopartikel zum Einsatz kommen, die mehrere spezifische Wirkstoffe beinhalten: sogenannte Multidrug-Nanovektoren. Die Sehnen sollen mittels Tissue Engineering sowie durch pharmakologische Konzepte (Wirkstoffe, die das Immunsystem in gewünschter Weise verändern) generiert werden.

Neben 5 anderen Konsortiumsmitgliedern und 21 weiteren Partnerorganisationen ist auch das Institut für Immunologie des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der Medizinischen Universität Wien (Prof. Dr. Johannes Stöckl) am Projekt beteiligt.

Der Fokus des Programms liegt darauf, Nachwuchswissenschaftler in diesem Bereich auszubilden. Insgesamt werden 15 Nachwuchsforscher durch das Projekt finanziert.

Die Federführung bei P4 FIT hat die Universität Helsinki inne.

Elektrospinnen für die Sehnenreparatur
An der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen ist das Projekt am Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Biomaterialien) von Prof. Dr. Aldo R. Boccaccini angesiedelt. Hier werden drei Doktoranden an der Herstellung und Charakterisierung innovativer Gewebegerüste, die mit Multidrug- Nanovektoren für die Sehnenreparatur beladen sind, forschen. Eine der Haupttechniken, die am Lehrstuhl für Biomaterialien für dieses Projekt zur Verfügung stehen, ist das Elektrospinnen. Damit können faserige Biopolymerstrukturen hergestellt werden, die der natürlichen Morphologie von Sehnen entsprechen.

Quelle:
Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg

Bioaktive Gläser gegen Knochenkrebs

Die Neubildung des Knochens anregen und gleichzeitig Krebszellen am Wachstum hindern: Forscher aus Heidelberg prüfen, ob sogenannte bioaktive Gläser dazu in der Lage sind und in der Therapie von Riesenzelltumoren des Knochens eingesetzt werden können.

Bioaktive Gläser sind Substanzen in Pulverform, die aus Kalzium, Silizium, Natrium und Phosphor zusammengesetzt sind. Ihre Wirkung im menschlichen Körper ist erstaunlich: Sie fördern beispielsweise das Knochenwachstum und werden bereits seit einiger Zeit bei Knochenbrüchen eingesetzt.

Wissenschaftler am Universitätsklinikum Heidelberg gehen nun der Frage nach, ob bioaktive Gläser auch in der Therapie von Knochenkrebs genutzt werden können. Konkret untersuchen sie dafür Riesenzelltumoren des Knochens. Die Standardbehandlung ist in diesen Fällen die Entfernung des Tumorgewebes. Die Defekte am Knochen werden anschließend mit Kunststoffen oder körpereigenem Knochengewebe aufgefüllt. Beide Verfahren haben jedoch Nachteile: „Knochenzement verbleibt dauerhaft als Fremdkörper im Knochen und körpereigenes Knochengewebe führt zu einer verhältnismäßig hohen Rückfallrate“, so Dr. Fabian Westhauser, der das Projekt zusammen mit Dr. Jörg Fellenberg leitet.

Bioaktive Gläser könnten diese Nachteile überwinden. Sie gehen starke Bindungen mit dem umgebenden Knochengewebe ein und regen die Neubildung von Knochen aus Vorläuferzellen an. Unter bestimmten Umständen können die Gläser den gesunden Körperzellen aber auch schaden – und nicht nur diesen. „Interessanterweise konnten wir in Vorarbeiten zeigen, dass Tumorzellen wesentlich empfindlicher auf diese zellschädigenden Effekte reagieren als die Vorläuferzellen des Knochens“, berichtet Fellenberg. Die Wissenschaftler wollen deshalb in Zusammenarbeit mit dem Institut für Biomaterialien der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg die genaue Wirkung von 5 unterschiedlichen bioaktiven Gläsern auf die verschiedenen Zelltypen untersuchen. Fellenberg: „Wir werden prüfen, ob die Gläser Krebszellen gezielt abtöten und damit die Neubildung des Tumors hemmen können. Gleichzeitig sollen die bioaktiven Gläser die durch die Operation verursachten Knochendefekte regenerieren und die Heilung anregen.“

Quelle:

Deutsche Krebshilfe

BVdO Tagung 2020 abgesagt

Sehr geehrte Vortragende, sehr geehrte Teilnehmer! 
Liebe Freunde des BVdO! 

Aufgrund der steigenden Krankheitsfälle im Rahmen der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden notwendigen Einschränkungen in den nächsten Wochen inkl. dem Verbot von Veranstaltungen müssen wir schweren Herzens die kommende Jahrestagung des Berufsverbands der Österr. FÄ für Orthopädie am 28. November 2020 im Palais Eschenbach ABSAGEN.

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Franz Biron verstorben

Der Berufsverband der Österreichischen Fachärzte für Orthopädie hat zuletzt mit Bedauern erfahren, dass sein langjähriges Mitglied Herr Hofrat Dr. Franz Biron bereits im Jänner dieses Jahres im Alter von 92 Jahren verstorben ist. (mehr …)

Doppel-Röntgenblick hilft Osteoporoseforschung

Mit einer Röntgen-Kombinationstechnik kann ein Hamburger Forscherteam kleinste Mengen verschiedener Metalle in biologischen Proben mit sehr hoher Auflösung lokalisieren. Die Methode kann beispielsweise zur Kartierung des Kalziumgehalts in menschlichem Knochen eingesetzt werden.

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Warum Knochen versagen

Ein Forscherteam der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) testet mit Methoden aus der Werkstoffanalyse, wann die Mikrostruktur von Knochen versagt.

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