Manuelle Therapie am Arthroseknie

Dez 19, 2023

„Degenerationsbedingte Funktionseinschänkungen eines Gelenks führen zu Sehnen- und Muskelverkürzungen, zu Muskelatrophien und insgesamt zu muskulären Dysbalancen, die sich wiederum auf die Gelenksfunktion und die weitere Degeneration negativ auswirken“, erklärte Priv.-Doz. Dr. Arnulf Pascher, Graz, in seinem Vortrag bei der BVdO-Jahrestagung 2023. Zudem kommt es über die Stimulierung von Mechano-, Schmerz- und Propriozeptoren zu einer neurophysiologischen Refelexauslösung, die über das Wide-Dynamic-Range-Neuron des Rückenmarks eine muskuläre, entzündliche und sogar vegetative Reflexantwort verursacht. Diese verstärken wiederum die Funktionseinschränkung im Gelenk und die Symptome wie Schmerz, Schwellung, Kapseleinsteifung und Muskeltonuszunahme.

Die konservative Arthrosetherapie ist eine 3-Säulen-Therapie:¹ Erstens die Verbesserung des Gelenkspiels durch manualmedizinische Grifftechniken mit Mobilisationen, Traktionen und Manipulationen. Zweitens der symmetrische Aufbau der gelenkführenden Muskulatur durch manualmedizinische Weichteiltechniken, Kraft- und Koordinationstraining. Drittens die Verbesserung des Knorpels durch ernährungsmedizinische Supplementierung von hauptsächlich Sulfaten.

„Auf diese Weise kann auch am Kniegelenk vor allem bei mäßiggradiger Arthrose regulierend eingegriffen werden“, so Pascher. Dies wird unterstützt durch neue Grundlagenforschung, die darauf hinweist, dass sich durch progessives Stretching die Kollagenausrichtung in der Gelenkkapsel und den Sehnen ändert² und sogar fibrotische und entzündliche Veränderungen reduziert werden können.³ Die Verbesserung der faszialen Gleitfähigkeit führt zu einer besseren Gewebsversorgung über interstitielle Pathways.⁴ Schon kurzzeitiges Dehnen führt zur Verminderung der Muskelsteifigkeit und Verlängerung der Muskulatur und Sehnen.⁵ Selbst bei schon arthrotischen Kniegelenken könnten daher von manueller Medizin noch positive Effekte erwartet werden, meint Pascher: „Knorpel wird dadurch zwar nicht aufgebaut, aber Beweglichkeit und Funktion werden verbessert, das Gelenk wird entlastet und Schmerz reduziert.“

Bericht: Mag Christine Lindengrün

Quelle: BVdO-Jahrestagung, 2. Dezember 2023, Wien

Referenzen: 1 Dehoust N: Degenerative Gelenkerkrankungen im Alter. Manuelle Medizin 2020; 58: 199-203 2 Solomonow M et al. Ligaments: a source of work-related musculoskeletal disorders. J Electromyogr Kinesiol 2004; 14: 49-60 3 Wan L et al.: Effects of different static progessive stretching durations on range of motion, myofibroblats, and collagen in a posttraumatic knee contracture rat model. Phys Ther 2022;102(5): pzab300 4 Li H et al.: Layers of interstitial fluid flow along a „slit-shaped“ vascular adventitia. J Zhejiang Univ Sci B 2021; 22(8): 647-63 5 Konrad A et al.: The time course of muscle-tendon properties and function responses of a five-minute static stretching exercise. Eur J Sport Sci 2019; 19(9): 1195-203

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