Tangentialaufnahme und intraoperative 3D Fluoroskopie zur Vermeidung von Schraubenfehllagen bei distalen Radiusfrakturen

Apr 5, 2016

Tangentialaufnahme und intraoperative 3D Fluoroskopie zur Vermeidung von Schraubenfehllagen bei distalen Radiusfrakturen

Graul I, Rausch S, Marintschev I, Klos K, Friedel R, Hofmann GO, Gras F

Fragestellung: Strecksehnenirritationen und -rupturen stellen mit 2,6% die haeufigste Komplikation bei operativ versorgten Radiusfrakturen dar [1]. Als Ursache werden bevorzugt ueberstehende Schrauben (in bis zu 15% der Versorgungen), trotz intraoperativer Fluoroskopie in 2 Ebenen beschrieben [2]. Die Fragestellung dieser Studie war, ob sich sowohl durch die -erstmals 2006 beschriebene- Tangentialaufnahme nach Doenicke [3], als auch durch die anschliessende intraoperative 3D Bildgebung [4], [5] revisionsbeduerftige Schraubenueberlaengen und intraartikulaere Fehllagen detektieren lassen.

Methodik: In einer prospektiven Studie ueber 10 Monate wurden 49 Patienten mit distalen Radiusfrakturen (22x linke, 25x rechte Seite, 1x beidseitig) eingeschlossen, die mit einer volaren, Zwei-Saeulen-Radius-LCP (Fa. Synthes) versorgt wurden.

Nach Komplettierung der Osteosynthese (inkl. BV-Kontrolle in 2Eb.) erfolgte additiv eine Tangentialaufnahme (Synonyme: Doenicke-view; dorsal tangential view; dorsal horizon-view; skyline-view) mit Schraubenwechsel bei Fehllagen, sowie ein isozentrischer 3D Scan (Vision Vario 3D, Fa. Ziehm) zur intraoperativen Abschlusskontrolle. Fuer diese Operationsschritte wurden OP-Zeiten, Anzahl der Roentgenbilder, -zeit und das Dosis-Flaechenprodukt dokumentiert.

Eine pre-hoc Poweranalyse ergab bei einer geschaetzten Schraubenfehllage von 20% eine Mindest-Studiengroesse von 46 Patienten. Die Werte sind als MEAN ± SD angegeben. Die deskriptive statistische Auswertung erfolgte mit SPSS 20. Ein positives Votum der Ethik-Kommission lag vor (Nr.3630-12/2012).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Operationszeit (inklusive 3D-Scan) lag bei 79 ±20min mit einer Gesamtroentgenzeit von 78,1 ±16,8sec und einem Dosisflaechenprodukt von 55,5 ±23,9cGy/cm2. Fuer eine verwertbare Tangentialaufnahme waren 3 ±2,5 Einzelbilder (2,12 ± 2,21cGy/cm2, 4,4 ± 4,5sec) erforderlich. 14 von 232 Schrauben wurden aufgrund eines dorsalen Ueberstandes gewechselt. Die Durchfuehrung des anschliessenden 3D Scans fuehrte zu einer 10,02 ± 3,82min Verlaengerung der OP-Dauer bei einer Strahlenbelastung von 39,0 ±15,0cGy/cm2; 53,8s ± 22,7sec. Hierdurch wurden 9 zusaetzliche Schraubenwechsel (8x Ueberlaenge; 1x intraartikulaere Lage) durchgefuehrt. Bei 10 der 22 Schraubenueberstaende handelte es sich um die radialste Schraubenposition im 2. Strecksehnenfach. In vier Faellen war ein 3D-Scan aufgrund technischer Stoerungen nicht durchfuehrbar.

Durch die Tangentialaufnahme nach Doenicke konnte in 6% der Faelle eine Schraubenueberlaenge detektiert werden, die in den 2 Standardebenen nicht zu erfassen war, weshalb wir diese Zusatzaufnahme empfehlen. Die additive Verwendung des 3D-Bildwandlers erscheint bei Radiusfrakturen gegenwaertig wegen des technischen und zeitlichen Aufwandes mit deutlich eingeschraenkter Bildqualitaet durch subchondrale Schraubenartefakte im klinischen Alltag nur bedingt sinnvoll.

Literatur:

1.Tarollo. J Orthop Trauma. 2013
2.Lee. Bone Joint J. 2013
3.Doenicke. DKOU, 2006
4.von Recum. J Hand Surg Eur. 2012
5.Mehling. J Hand Surg Eur. 2013

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI11-623

doi: 10.3205/14dkou015, urn:nbn:de:0183-14dkou0158

Veröffentlicht: 13. Oktober 2014
© 2014 Graul et al.
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