Die operative Versorgung neuromuskulärer Skoliosen – klinische und radiologische Ergebnisse bei Aussparung des lumbosakralen Überganges

Die operative Versorgung neuromuskulärer Skoliosen – klinische und radiologische Ergebnisse bei Aussparung des lumbosakralen Überganges

Hoff E, Strube P, Putzier M, Perka CF, Groß C

 

Fragestellung: Neuromuskuläre Skoliosen erfordern häufig eine frühzeitige operative Korrekturspondylodese. Ob eine Fusion bis L5 ausreichend ist oder das Sakrum einschließen sollte, wird kontrovers diskutiert. Unstrittig ist, dass der Einschluss des Sakrums zu vermehrten lumbosakralen Komplikationen, wie Implantatversagen und Pseudarthrosen sowie zu einer verminderten lumbosakralen Beweglichkeit mit daraus resultierenden klinischen Nachteilen führen kann. Ziel der vorliegenden Arbeit war es daher, mittelfristig das Korrekturpotential und klinische Ergebnis bei Instrumentation bis zum 5. LWK zu ermitteln.

Methodik: 46 Patienten mit neuromuskulären Skoliosen (bei M. Duchenne, spinaler Muskelatrophie, Menigomyelozele oder infantiler Zerebralparese) wurden mittels Korrekturspondylodese ohne Einschluss des Sakrums versorgt. Die klinischen und radiologischen Untersuchungen erfolgten prä- und postoperativ, sowie nach 6 und zum mittleren Follow-up von 26 Monaten. Hierbei wurden folgende radiologische Parameter erhoben: Cobb-Winkel, Beckenverkippung (SPO) und L5-Verkippung (L5-Tilt) in der Frontalebene, thorakale Kyphose BWK 2-12 (TK) und lumbale Lordose LWK 2 – SKW 1 (LL).

Ergebnisse: Im Durchschnitt haben wir eine Korrektur des präoperativen COBB-Winkels von 64,7° (33-105°) auf 18,1° (3-59°) erreicht. Die SPO verbesserte sich von 15,5° (2-28°) präoperativ auf 7,5° (0-25°) postoperativ, der L5-Tilt von 9,9° (1-24°) auf 3,1° (0-6°). Zudem konnten wir eine Veränderung des sagittalen Profils in Richtung physiologischer Normwerte mit einer Korrektur der TK von präoperativ 4-80° auf postoperativ 13-48° sowie der LL von 1-108° auf 14-71° erzielen. Der mittlere radiologische Korrekturverlust im Untersuchungszeitraum war für keinen dieser Parameter signifikant. Alle Patienten wiesen postoperativ und bis zum Follow-up eine gute Sitzfähigkeit/Sitzbalance auf. Nach 3 Monaten benötigte kein Patient mehr eine Schmerzmedikation. Alle Patienten / Eltern zeigten sich mit dem klinischen Ergebnis zum Follow-up sehr zufrieden oder zufrieden. Bei 6/46 Patienten (13%) trat eine Komplikation auf, wobei eine Major-Komplikation (inkomplettes Brown-Sequard-Syndrom) und 5 Minor-Komplikationen (1 revisionspflichtige, 4 nicht revisionspflichtige Wundheilungsstörungen) zu verzeichnen waren.

Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse zeigen, dass mittels Korrekturspondylodese unter Ausschluss des lumbosakralen Übergangs unabhängig vom Ausmaß der frontalen und sagittalen Deformität und unabhängig von der Ausprägung der Beckenverkippung eine suffiziente Korrektur neuromuskulärer Skoliosen bei guten bis sehr guten klinischen Ergebnissen zu erreichen und mittelfrisitig zu halten ist.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI41-1218

doi: 10.3205/14dkou272urn:nbn:de:0183-14dkou2722

Published: October 13, 2014
© 2014 Hoff et al.
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Titan- versus Carbon-Komposit-Stabsysteme für lumbale monosegmentale Spondylodesen: Vorläufige Ergebnisse einer prospektiv randomisierten Fusionsanalyse im Vergleich mit klinischen Parametern

Titan- versus Carbon-Komposit-Stabsysteme für lumbale monosegmentale Spondylodesen: Vorläufige Ergebnisse einer prospektiv randomisierten Fusionsanalyse im Vergleich mit klinischen Parametern

Hartwig T, Streitparth F, Schaser KD, Pumberger M, Druschel C, Disch A

 

Fragestellung: Carbon-Komposit bietet als Material für Wirbelsäulenimplantate unterschiedlichste Möglichkeiten. Der mikrostrukturelle Charakter und daraus resultierende Materialeigenschaften im Vergleich zum rigideren Titan scheinen dabei zu einer besseren Stimulation der ossären Fusion, einer Verringerung der Anschlusssegmentdegeneration und zu einer frühzeitigen Verbesserung des klinischen Outcomes zu führen.

Methodik: Patienten mit chronischen Rückenschmerzen wurden bei isolierter monosegmentaler Osteochondrose (Modic ≥II°) oder degenerativer Spondylolisthesis (Meyerding ≤I°) und Spondylarthrose (Fujiwara ≥II°) des Segments L4/5 randomisiert 2 operativen Gruppen zugeordnet (Titanstäbe (Gruppe A); Carbon-Komposit-Stäbe (Gruppe B)). Alle Patienten erhielten Titanpedikelschrauben und einen transforaminal implantatierten intervertebralen PEEK-Cage (TLIF). Bei allen Patienten wurden radiologische Fusionsanalysen anhand von standardisierten Röntgenfunktionsaufnahmen (Fusion= Re-/Inklination ≤1° Segmentbeweglichkeit) und Computertomographien (Fusionsbeginn= intersegmentale Knochenneubildung und beginnende Ausbildung von Knochenbrücken) durchgeführt. Ferner wurden präoperativ, 1 und 6 Wochen sowie 6 Monate postoperativ klinische Parameter (ODI, VAS) erhoben und den radiologischen Ergebnissen gegenübergestellt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden 17 Patienten (w/m: 7/10; Alter: Ø 63,9 Jahre) mit Titanstäben (Gruppe A) und 19 Patienten (w/m: 9/10; Alter: Ø 67,2 Jahre) mit Carbon-Komposit-Stäben (Gruppe B) operativ versorgt. In Gruppe A zeigte sich 6 Monate postoperativ eine segmentale Fusionsrate von 35% in den Röntgenfunktionsaufnahmen (Ø 1,5° Segmentbeweglichkeit), jedoch ohne Bestätigung in der CT-Kontrolle mit einer Fusionsbeginnrate (FBR) von 16,7%. Im Vergleich dazu zeigten 100% der Patienten in Gruppe B vollständig fusionierte Segmente in den Funktionsaufnahmen (Ø 0,7° Segmentbeweglichkeit). In der CT-Kontrolle konnte eine höhere FBR von 50% in Gruppe B ermittelt werden. Es wurden keine signifikanten Unterschiede bei der CT-Auswertung im Vergleich der beiden Gruppen ermittelt (p>0,05). Gruppe A wies im Gegensatz zur Gruppe B bereits 4 radiologisch gesicherte kraniale Anschlussdegenerationen auf. Bei den klinischen Ergebnissen hinsichtlich Schmerz und Funktion zeigte sich in beiden Gruppen 6 Monate postoperativ eine signifikante Verbesserung (Gruppe A p=0,0051; Gruppe B p=0,0002) gegenüber dem präoperativen Zeitpunkt (1 Woche), jedoch ohne wesentlichen signifikanten Unterschied im Gruppenvergleich.

Der Einsatz von Carbon-Komposit-Stabsystemen bei monosegmentalen Spondylodesen ist eine sichere und vergleichbare Alternative zu dem bisherigen Goldstandard Titan. In beiden untersuchten Gruppen können nach einigen Monaten bereits signifikante Verbesserungen im Bereich Schmerz und Funktion beobachtet werden. Zum vorläufigen Studienzeitpunkt weist die Carbon-Komposit-Gruppe eine höhere Segmentfusionsrate und eine reduzierte Rate an Anschlussdegenerationen auf.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI41-1493

doi: 10.3205/14dkou271urn:nbn:de:0183-14dkou2712

Published: October 13, 2014
© 2014 Hartwig et al.

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Vergleich von Blutungsmenge und Operationsdauer bei thorakoskopischen ventralen Spondylodesen

Vergleich von Blutungsmenge und Operationsdauer bei thorakoskopischen ventralen Spondylodesen während der Präparation mit einem monopolaren Elektroskalpell vs. Ultraschallschere – Ergebnisse einer multizentrischen, prospektiv-randomisierten Studie

Otto C, Kunter H, Eysel P, Paffrath T, Bouillon B, Schiffer G

Fragestellung: Die Nutzung des monopolaren Elektroskalpells ist der Goldstandard der chirurgischen Präparation bei der ventralen thorakoskopischen Spondylodese. Die Präparation mit einer Ultraschallschere könnte trotz höherer Instrumentenkosten eine Alternative darstellen, um den Blutverlust sowie die Operationsdauer und damit auch die operativen Kosten zu verringern. In der endoskopischen Chirurgie wird die Ultraschallschere bereits mit gutem Erfolg eingesetzt, jedoch existieren bisher keine vergleichenden Studien in der Wirbelsäulenchirurgie. Ziel dieser Studie war es, die Effizienz einer Ultraschallschere (Harmonic ACE, Firma Ethicon Endo-Surgery) bei der ventralen thorakoskopischen Spondylodese mit dem Elektroskalpell (Generator Erbe Vio 300, monopolarer Hacken Firma Aesculap AG) bezüglich OP-Dauer und Blutverlust zu vergleichen.

Methodik: Die Untersuchung wurde als offene prospektive, randomisierte und doppelt-verblindete zweiarmige klinische Studie geplant und von der Ethikkommission genehmigt. Eingeschlossen wurden Patienten mit Wirbelkörperfrakturen der Höhen Th10 bis L2 (Typ AO A1, A2.3, A3, B oder C Frakturen), bei denen die Indikation zur mono- oder bisegmentalen thorakoskopischen Versorgung bestand. Der primäre Endpunkt der Studie war die Präparationszeit (Test auf Überlegenheit), der sekundär untersuchte Endpunkt die Blutungsmenge während der Präparation und der Gesamt-OP (Test auf Nicht-Unterlegenheit der Ultraschallschere).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Aufgrund der Fallzahlplanung anhand der erwarteten Differenzen wurden 41 Patienten in zwei Zentren eingeschlossen und randomisiert. Die Eingriffe wurden von sechs Operateuren unterschiedlichen Ausbildungsstandes durchgeführt, um einen diesbezüglichen Bias zu verhindern. Patientencharakteristika sowie die Angaben zur OP-Technik unterschieden sich in beiden Armen nicht wesentlich. Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen für 3 Patienten. Diese wurden in der Intention-to-treat Auswertung mitberücksichtigt, soweit Outcome-Daten vorlagen, aber von der Per-Protocol Auswertung ausgeschlossen. In den Ergebnissen konnte für die Ultraschallschere keine signifikante Verkürzung der Präparationszeit nachgewiesen werden. Die Blutungsmengen während der Präparationszeit waren durchschnittlich höher im Arm A (Elektroschere) als im Arm B (Ultraschallschere). Eine Erhöhung der Blutungsmenge während der Präparationszeit von 150 ml oder mehr mit der Ultraschallschere konnte ausgeschlossen werden (p-Wert 0,0014). Zu einem Signifikanzniveau von 5% konnte eine Erhöhung von 40 ml oder mehr ausgeschlossen werden.

Weder für die Präparationszeit noch für die Blutungsmengen waren grobe Unterschiede zwischen den einzelnen Operateuren oder nach Geschlecht bzw. Alter der Patienten verteilt erkennbar.

Somit erweist sich anhand dieser Studie die Ultraschallschere als ebenbürtiges Präparationsinstrument zum Elektroskalpell in der thorakoskopischen Wirbelsäulenchirurgie ohne dass in dieser Studie signifikante Vorteile hinsichtlich der Endpunkte nachgewiesen werden konnten.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI40-1290

doi: 10.3205/14dkou264, urn:nbn:de:0183-14dkou2643

Published: October 13, 2014
© 2014 Otto et al.
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Klinische und radiologische Evaluierung degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule

Klinische und radiologische Evaluierung degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule mit dorsoventraler Spondylodese nach 2, 5 und 10 Jahren

Winkler T, Homagk L, Röhl K, Hofmann GO

Fragestellung: In Deutschland werden jährlich etwa 64 Wirbelsäulenverletzungen pro 100.000 Einwohner registriert. Während ein Großteil dieser Verletzungen konservativ behandelt werden kann, sind die operativen Möglichkeiten in den vergangenen Jahren weitaus vielfältiger geworden. In dieser retrospektiven Kohortenstudie werden die dorso-ventrale Operationsverfahren einer Cage- oder Knochenspaninterposition und einer ventralen Platte hinsichtlich der Anschlussdegenerationen nach 2, 5 und 10 verglichen.

Methodik: Die Grundgesamtheit bilden 231 Patienten, von denen 227 eine Fraktur im Bereich der Wirbelsäule erlitten hatten und von 2000 bis 2012 von ventral operiert wurden. Das durchschnittliche Alter zum OP-Zeitpunkt war 51,6 Jahren. Anhand vorhandener Röntgenbilder wurde der frakturierte Wirbel mit dem Körperwinkel nach Denis und mit dem Grund-Deckplatten-Winkel nach Daniaux charakterisiert. Neben der Beurteilung röntgenologischer Bildgebung wurden die Patienten klinisch untersucht und nach den SF-36- und Oswestry-Score-Fragebögen befragt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei 73% der Patienten waren die klinischen Messwerte außerhalb der Normwerte. Bei der Stabilisierung mittels Span zeigten 41% eine Veränderung des Körperwinkels nach zwei Jahren, nach fünf oder zehn Jahren ließ sich diese nicht nachweisen. Von den insgesamt 8 Cage-Patienten wiesen 25% nach zwei Jahren und 50% nach zehn Jahren eine Veränderung des Körperwinkels auf. Bei 51 Patienten mit Contact-Platte veränderte sich der Körperwinkel bei 47% nach zwei Jahren, nach fünf Jahren waren es bereits 63%. Im Beobachtungszeitraum von zehn Jahren gab es bei 65% der Probanden eine Veränderung des Körperwinkels. Eine Modifikation des Grundplatten-Deckplatten-Winkels zeigte sich bei 63% der Span-versorgten Patienten nach zwei Jahren, nach fünf Jahren bei 83% und nach zehn Jahren bei 88% der Patienten. Von den Cage-versorgten Patienten zeigten sich nach zwei Jahren bei 38%, nach fünf Jahren bei 63% und nach zehn Jahren bei 75% eine Veränderung des Grundplatten-Deckplatten-Winkels, bei den Contact- Platten Patienten bei 64%, bei 88% und 90% in den genannten Zeiträumen.

Bei nahezu identischem Patientenalter zwischen den Versorgungsvarianten ist davon auszugehen, dass eine dorso-ventrale Versorgung zu fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen führt. Diese sind bei Operationen mit Knochenspaninterposition und ventraler Plattenspondylodese am deutlichsten, was darauf schließen lässt, dass diese Versorgungsoptionen gegenüber einer Cageinterposition weniger dauerhafte ventrale Stabilität bieten.

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI40-340

doi: 10.3205/14dkou261 , urn:nbn:de:0183-14dkou2612

Published: October 13, 2014
© 2014 Winkler et al.
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