Evaluation der Wirksamkeit eines physiotherapeutischen Rehabilitationsprogramms bei Patienten mit lumbalem Rückenschmerz

Evaluation der Wirksamkeit eines physiotherapeutischen Rehabilitationsprogramms bei Patienten mit lumbalem Rückenschmerz

Alfuth M

Fragestellung: In dieser Evaluationsstudie wurde untersucht, ob ein 6-monatiges ambulantes physiotherapeutisches Behandlungsprogramm in Bezug auf das subjektive Schmerzempfinden, die schmerzbedingte Behinderung im Alltag, die Rumpfkraft und die Rumpfbeweglichkeit bei Patienten mit lumbalem Rückenschmerz wirksam ist.

Methodik: In die Studie wurden 68 Patienten (43 Frauen, 25 Männer) im durchschnittlichen Alter von 53,8 (±11.8) Jahren mit subakuten und chronischen Rückenschmerzen eingeschlossen. In einem Eingruppen-Plan mit Messwiederholung wurden als primäre Outcomes das subjektive Schmerzempfinden (Numeric Rating Scale) und die schmerzbedingte Behinderung im Alltag (Roland-Morris-Disability Questionnaire) vor der Behandlung, nach 3 und nach 6 Monaten erhoben. Als sekundäre Outcomes wurden vor der Behandlung und nach 6 Monaten die maximale willkürliche isometrische Rumpfkraft in Flexion und Extension (tergumed®, proxomed) sowie die Beweglichkeit der dorsalen Strukturen des Rumpfes und des Oberschenkels (Sit-and-Reach Test) gemessen. Die Intervention wurde 2-3x wöchentlich für 3 Stunden durchgeführt und bestand aus einer Kombination physiotherapeutischer Anwendungen, wie manuelle und physikalische Therapie, supervisiertem physiotherapeutischem Aufbautraining sowie Verhaltensschule und Beratung. Nach Testung der Daten auf Normalverteilung (Kolmogorov-Smirnov Test) wurden zur Signifikanzprüfung der Unterschiede zwischen den Messzeitpunkten in Bezug auf das Schmerzempfinden und die Behinderung im Alltag Friedman-Tests (p<0,05) und paarweise Vergleiche mittels Wilcoxon-Signed-Rank Tests (p<0,05) mit entsprechender Korrektur nach Bonferroni durchgeführt. Bezüglich der Parameter Rumpfkraft und Rumpfbeweglichkeit wurden die Unterschiede zwischen Eingangsmessung und Messung nach 6 Monaten mittels Wilcoxon-Signed-Rank Tests (p<0,05) überprüft. Zudem wurden Effektstärken (Cohen’s d) und der Mittelwert der individuellen relativen Veränderung (%) berechnet. Die Auswertungen wurden mittels Intention-to-Treat Analyse durchgeführt. Weiter wurden Korrelationen (rho nach Spearman) zwischen den Outcome-Parametern berechnet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Nach 6 Monaten verringerte sich der Ruheschmerz signifikant von einem Median von 4,0 auf 1,0 und während körperlicher Belastung von 5,5 auf 2,5 (p<0,001; d = 1,2 und 1,4; rel. Veränderung = 59% und 53%). Der Roland-Morris-Disability Score reduzierte sich von einem Median von 7,0 auf 4,1 (p<0,001; d = 0,9; rel. Veränderung = 35%). Die isometrische Rumpfkraft in Flexion verbesserte sich signifikant von einem Median von 4,7 N/kg auf 5,7 N/kg und in Extension von 7,4 N/kg auf 9,5 N/kg (p<0,001; d = 0,5; rel. Veränderung = 31% und 47%). Die Beweglichkeit stieg von einem Median von -5,0 cm auf -2.2 cm (p=0,001; d = 0,3; rel. Veränderung = 53%).

Das Behandlungsprogramm scheint bei Patienten mit lumbalem Rückenschmerz zu einer klinisch relevanten Verbesserung der gemessenen Parameter zu führen. Zwischen den Messgrößen konnten keine bedeutsamen Zusammenhänge festgestellt werden.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI54-755

doi: 10.3205/14dkou384 urn:nbn:de:0183-14dkou3847

Published: October 13, 2014
© 2014 Alfuth.
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Effektivität der konservativen Therapie bei Patienten mit Rückenschmerzen unter besonderer Berücksichtigung des Body Mass Index

Effektivität der konservativen Therapie bei Patienten mit Rückenschmerzen unter besonderer Berücksichtigung des Body Mass Index

Daentzer D, Hohls T, Noll C

Fragestellung: Mit einer Prävalenz von bis zu 85% stellen Rückenschmerzen und Übergewicht ein enormes medizinisches Problem dar. Studien zeigen eine positive Korrelation zwischen Übergewicht und Rückenschmerzen. Es existieren jedoch keine Untersuchungen, die sich mit der Effektivität einer konservativen Behandlung befassen und dabei speziell den Einfluss des Körpergewichtes analysieren.

Methodik: Im Rahmen eines retrospektiven Studiendesigns wurden insgesamt 128 Patienten eingeschlossen, die aufgrund von Rückenschmerzen unter stationären Bedingungen konservativ behandelt worden waren. Die Therapie wurde individuell angepasst und bestand aus Physio- und Ergotherapie, physikalischen Maßnahmen, wirbelsäulennahen Infiltrationen, und sie wurde zudem medikamentös ergänzt. Alle teilnehmenden Personen erhielten Fragebögen, die sie zu 4 Zeitpunkten ausfüllen sollten (Zeitpunkt 1 bei stationärer Aufnahme, Zeitpunkt 2 bei Entlassung, Zeitpunkt 3 nach 3 Monaten und Zeitpunkt 4 nach 12 Monaten). Dabei wurden Angaben auf der Visuellen Analogskala (VAS) zum Rückenschmerz, zum Oswestry Disabiliy Index (ODI) und zum Roland-Morris-Score (RM) erhoben. Die Fragebögen wurden statistisch ausgewertet, um Unterschiede sowohl im zeitlichen Verlauf als auch zwischen den drei Körpergewichtsklassen herauszuarbeiten. Diese waren anhand des Body Mass Index (BMI) eingeteilt worden (Gruppe 1 mit Normalgewicht bei BMI < 25 mit 45 Patienten, Gruppe 2 mit Übergewicht bei BMI 25-29,9 mit 47 Patienten und Gruppe 3 mit Adipositas bei BMI >29,9 mit 36 Patienten).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bei Betrachtung des Gesamtkollektivs konnte im Vergleich der initial erhobenen Werte in allen drei Scores eine Verbesserung zu allen folgenden Zeitpunkten nachgewiesen werden, ohne dass die Unterschiede statistisch signifikant gewesen waren. In der Gruppe der Normalgewichtigen war die Verbesserung in allen drei Scores im Vergleich zum Ausgangsbefund bei der stationären Entlassung statistisch signifikant. Diese Verbesserungen blieben auch zu den Zeitpunkten 3 und 4 erhalten mit statistischer Signifikanz in der VAS und im ODI. Annähernd identisch waren die Verläufe bei den Übergewichtigen. Auch im Kollektiv der Adipösen war ein positiver Effekt mit statistisch signifikanter Verbesserung der drei Scores am Ende der stationären Behandlung nachweisbar. Auch wenn die Werte aller drei Scores zu jedem weiteren Zeitpunkt einen günstigeren Zustand als am Anfang der Therapie darstellten, blieb diese Verbesserung nur im ODI auch statistisch signifikant. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen den drei BMI-Gruppen konnten zu keinem Zeitpunkt festgestellt werden.

Die konservative Therapie der Rückenschmerzpatienten war unabhängig vom BMI und ohne statistisch signifikante Unterschiede zwischen den drei Gewichtsklassen erfolgreich mit Nachlassen des Effektes im mittel- bis langfristigen Verlauf. Die adipösen Patienten zeigten jedoch bis auf wenige Ausnahmen (statistisch nicht signifikante) schlechtere Werte in allen Scores.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI54-426

doi: 10.3205/14dkou382 urn:nbn:de:0183-14dkou3828

Published: October 13, 2014
© 2014 Daentzer et al.
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Biotechnologische Konzepte zur konservativen Behandlung von Rückenschmerzen – Alternativen zu Glukokortikoiden

Biotechnologische Konzepte zur konservativen Behandlung von Rückenschmerzen – Alternativen zu Glukokortikoiden

Moser C, Grönemeyer D

Fragestellung: Glukokortikoide sind ein viel diskutierter Goldstandard in der konservativen Behandlung von Rückenschmerzen. Bei bestimmten Indikationen gelten die Injektionen darüber hinaus als „off label use“. Eine Reihe neuer, regenerativer Therapiekonzepte befindet sich in klinischer Erprobung. Aktuelle Ergebnisse aus kontrollierten klinischen Studien mit biotechnologischen Behandlungsmodalitäten wie Zytokinantagonisten (u.a. TNF-alpha Hemmer, Interleukin-1 Rezeptorantagonisten, autologe Blutzubereitungen), Wachstumsfaktoren oder Kombinationen (systemische und lokale Applikation) werden in dieser Arbeit systematisch analysiert.

Methodik: Prospektive, randomisierte, doppelblinde und referenzkontrollierte Studien (RCT) erfassten die potenzielle Wirksamkeit und Sicherheit bei Patienten mit Radikulopathien/ ischialgiformen Schmerzen. Der monoklonale-TNF-Antikörper Infliximab (Handelsname Remicade®) wurde dabei intravenös appliziert (2 Studien, N=40). Den löslichen TNF-Inhibitor Etanercept (Enbrel®) testete man subcutan (1 Studie, N=10) und perispinal (epidural bzw. intradiskal; 7 RCTs, N=312). Der humanisierte monoklonale TNF-Antikörper Adalimubab (Humira®) wurde subkutan verabreicht (2 RCTs, N=117) und das autologe konditionierte Serum (ACS, Orthokin®) wirbelsäulennah (epidural-perineural, 2 Studien, N=103). Ein weiterer potenzieller Therapie-Ansatz, die gezielte Förderung und Aktivierung der anabolen Prozesse auf Zellebene über die Bereitstellung von Wachstumsfaktoren, wurde durch die intravenöse Gabe des nerve growth factor (NGF-) Antikörpers Tanezumab untersucht (1 RCT; N=217).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Aus insgesamt 18 Publikationen konnten über 1000 Fälle gesammelt und ausgewertet werden. In mehr als der Hälfte der ausgewerteten Studien wurde ein statistisch signifikanter Vorteil (Reduktion von Schmerz, Verbesserung der Beweglichkeit, Zunahme der Lebensqualität) für eine aktive Behandlung gefunden. Die Effektgrößen (Effect Sizes, ES) der verschiedenen Präparate waren heterogen und zum Teil inkonsistent. Als nicht wirksam erwies sich das Infliximab. Die meisten Verfahren inklusive Enbrel, ACS und Adalmumab waren schwach bis mäßig wirksam (Verbesserung um bis zu 20 Punkte auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten – im Vergleich zu Placebo). Die Evidenz für eine starke Wirksamkeit (Enbrel, Adalimumab und ACS) beschränkte sich auf einzelne Studien mit wenigen Teilnehmern und entsprechend geringer Aussagekraft. Die bemerkenswertesten Effekte fanden sich in einer Adalimumab Studie, in der die Operationsnotwendigkeit in der Verumgruppe signifikant geringer lag.

Die Ergebnisse stützen zwar das Modell, erlauben aber noch keine definitive Aussage bezüglich der Effektivität und Sicherheit. Die kann erst nach Abschluss weiterer aussagekräftiger Studien (Patientenzahl, Randomisierung, Verblindung, Angaben bezüglich technischer Durchführung) und unter Einbeziehung der besonderen Problematik von Krankheitsbildern im Bereich der Wirbelsäule(Indikationen, Schmerzlokalisation) erfolgen.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI54-384

doi: 10.3205/14dkou381 urn:nbn:de:0183-14dkou3812

Published: October 13, 2014
© 2014 Moser et al.
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