Wie genau lassen sich in der Hüftendoprothetik postoperative Veränderungen von Beinlänge, globalem und femoralem Offset auf Röntgenbildern wirklich bestimmen?

Jän 22, 2018

Wie genau lassen sich in der Hüftendoprothetik postoperative Veränderungen von Beinlänge, globalem und femoralem Offset auf Röntgenbildern wirklich bestimmen?

Weber M, Wörner M, Springorum HR, Winkler S, Sendtner E, Hapfelmeier A, Grifka J, Renkawitz T

 

Fragestellung: Im klinischen Alltag erfolgt die Ausmessung der biomechanischen Zielgrößen Beinlänge (BL), globales (GO) und femorales Offset (FO) üblicherweise auf größenskalierten, anteroposterioren (AP) Hüftübersichtsaufnahmen. Variabilitäten in der radiologischen Aufnahmetechnik, Beckenkippung und Hüftgelenkskontrakturen lassen lineare Messungen auf Röntgenbildern aber potentiell fehleranfällig erscheinen. Ziel der vorliegenden Arbeit war deshalb, die nativradiologische Reliabilität und Validität von BL-, GO- und FO-Messungen nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese (HTEP) auf AP Hüftübersichtsaufnahmen mit dreidimensional computertomografischen (3D-CT) Rekonstruktionen unter Zuhilfenahme markierter anatomischer Landmarken (fiducial landmarks) zu vergleichen. Ergänzend wurde eine mögliche Korrelation zwischen der Messgenauigkeit und der klinischen Erfahrung von insgesamt vier Untersuchern evaluiert.

Methodik: In einer experimentell-anatomischen Studie wurden an 10 humanen Leichenpräparaten über perkutane Stichinzisionen knöcherne Referenzmarken im Bereich des Beckens und des Oberschenkels angebracht und 18 zementfreie HTEPs (Pinnacle, Corail; DePuy, Warsaw, IN, USA) in Rückenlage über einen lateralen Zugang implantiert. Prä-und postoperativ wurde eine native Becken-Oberschenkel CT und eine AP Hüftgelenksübersichtaufnahme durchgeführt. Veränderungen von BL, GO und FO wurden auf den nativradiologischen Aufnahmen von insgesamt vier Untersuchern (je zwei Assistenz- und zwei Oberärzten) zweimalig in einem Abstand von 8 Wochen mit Hilfe einer digitalen Planungssoftware nach klinischem Standard (mediCAD; Hectec GmbH, Landshut) vermessen. Die Referenzmessungen im prä-/postoperativen Vergleich erfolgten auf 3D-CT Rekonstruktionen mit Hilfe der eingebrachten fiducial landmarks durch einen verblindeten Untersucher (iPlan Stereotaxy 2.6, BrainLAB, München).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die mittlere Differenz zwischen der 3D-CT Messung und der nativradiologischen Auswertung betrug 1,0 ± 2,0 mm für Veränderungen der BL nach HTEP, 0,6 ± 3,6 mm für das GO und 1,4 ± 5,2 mm für das FO. Ein Prozent (1/68) der BL-, 15% (10/68) der GO- und 35% (24/68) der FO- Messungen befanden sich dabei in Relation zum CT Referenzstandard außerhalb eines Toleranzlimits von 5 mm. Die radiologischen Messungen zeigten eine hohe Interobserver- (r=0,83 für BL, r=0,89 für GO und r=0,79 für FO) und Intraobserver-Reliabilität (r=0,94 für BL, r=0,90 für GO und r=0,88 für FO). Der Ausbildungsstand der Untersucher hatte keinen Einfluss auf die nativradiologische Messgenauigkeit (BL p=0,359, GO p=0,461, FO p=0,117).

Die nativradiologische Berechnung von BL und GO Veränderungen anhand AP Hüftübersichtsaufnahmen nach HTEP gelingt mit hoher Genauigkeit, wohingegen FO Messungen potentiell fehleranfällig erscheinen. Zur nativradiologischen Beurteilung und Vermessung von Offset Veränderungen nach HTEP sollte das GO dem FO vorgezogen werden.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI50-161

doi: 10.3205/14dkou345urn:nbn:de:0183-14dkou3458

Published: October 13, 2014
© 2014 Weber et al.
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