Fast Track in der Knieendoprothetik: Schneller, besser, günstiger? Eine evidenzbasierte, systematische Literaturrecherche

Fast Track in der Knieendoprothetik: Schneller, besser, günstiger? Eine evidenzbasierte, systematische Literaturrecherche

Quack V, Ippendorf A, Rath B, Arbab D, Nebelung S, Tingart M, Lüring C

Fragestellung: Die demographische Entwicklung geht einher mit einer stetig ansteigenden Anzahl von Patienten mit Arthrose im Kniegelenk. In Deutschland werden jährlich mehr als 158.000 Kniegelenksendoprothesen implantiert, Tendenz steigend. Die Implantation einer Endoprothese ermöglicht den Patienten bei einer ausgeprägten Gonarthrose nach der Operation einen großen Gewinn an Lebensqualität. Gleichzeitig sollen hierdurch auch arthrose-bezogenen Kosten vermindert werden. Mit dem Anstieg der Implantationen erhöhten sich in den letzten Jahren auch die Kosten für das Gesundheitssystem erheblich. Seit einigen Jahren wird versucht, die Fast Track Rehabilitation (FTR) in der Knieendoprothetik zu etablieren. Ziel ist eine schnellere Rehabilitation, eine schnellere Rekonvaleszens und eine schnellere funktionelle Verbesserung. Hierdurch sollen auch die Kosten im stationären und ambulanten Bereich gesenkt werden.

Das Ziel dieser systematischen Literaturrecherche dient der Verifizierung der Hypothese, dass Patienten nach endoprothetischer Versorgung des Knies mit FTR schneller, besser und günstiger rehabilitieren.

Methodik: Systematische Literaturrecherche für den Zeitraum 01/1978 bis 08/2013 in Pubmed und von 01/1960 bis 08/2013 in Medline. Schlagwörter: „rehabilitation“ oder „training“ oder „physiotherapy“ oder „physical therapy“ oder „recovery“ oder „exercise program“ und „kneesurgery“ oder „TKA“ oder „total knee replacement“ oder „arthroplasty“ und „intensive“ oder „multidisciplinary“ oder „accelerated“ oder „rapid“ oder „fast track“. Einschlusskriterien: Studiendesign RCT oder Metaanalyse. Die Artikel wurden von 2 unabhängigen wissenschaftlichen Mitarbeitern ausgewertet.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Primär wurden 729 Artikel identifiziert. Nach Durchsicht aller Abstracts wurden 133 Paper in die nähere Auswahl einbezogen. Letztendlich verblieben 10 Studien. 2 randomisierte Studien zur Einschätzung der Kosteneffektivität unter Einbeziehung des klinischen Outcomes wurden einbezogen.

Alle Studien stimmen überein, dass die Liegezeit im Akutkrankenhaus durch die FTR signifikant verkürzt werden kann ohne das klinische Outcome negativ zu beeinflussen. Allerdings zeigt sich besonders im Bereich des klinischen Outcomes und der Kosteneffektivität eine Heterogenität der Ergebnisse. Ein besseres klinisches Outcome nach FTR kann anhand der Studien nicht eindeutig belegt werden. Die einbezogenen Kosteneffektivitätsstudien wiesen widersprüchliche Ergebnisse auf. In der ersten Studie wurde eine Kostenersparnis durch die FTR nachgewiesen, in der zweiten Studie zeigte sich dagegen der konservative Weg kostengünstiger und gleich effektiv. Weiterhin stellt sich die Frage, ob es zu einer Verschiebung der Kosten heraus aus dem stationären Bereich in den ambulanten und Rehabilitationsbereich kommt.

Die Ergebnisse der systematischen Literaturrecherche lassen weiterhin offen, inwieweit die FTR das klinische Outcome verbessert und die Kosten verringert. Allerdings kann eine kürzere Verweildauer im Akutkrankenhaus erreicht werden.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI34-602

doi: 10.3205/14dkou214, urn:nbn:de:0183-14dkou2143

Published: October 13, 2014
© 2014 Quack et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.

Amputierte Leistungssportler – „A class of their own“ oder „Role Model“ für unfallverletzte Patienten?

Amputierte Leistungssportler – „A class of their own“ oder „Role Model“ für unfallverletzte Patienten?

Fabian T, Mutschler M, Otchwemah R, Bouillon B, Tjardes T

Fragestellung: Das Outcome nach einer traumatischen Amputation an der unteren Extremität ist oft nicht zufriedenstellend. Trotzdem schaffen es einige Betroffene, sportliche Höchstleistungen zu erbringen.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es unter Zuhilfenahme klinischer, funktioneller und lebensqualitätszentrierter Outcomeparameter zu evaluieren, in welchen Bereichen sich amputierte Leistungssportler von nicht Sportlern unterscheiden. Des weiteren stellt sich die Frage, ob amputierte Leistungssportler als „Role Model“ in die Betreuung amputierter Unfallpatienten integriert werden sollte.

Methodik: Zehn Teilnehmer der Paralympics 2012 mit einer Amputation an den unteren Extremitäten wurden im Rahmen eines Vorbereitungswettkampfes mit einem Fragebogen befragt. Dieser enthielt Fragen zur Amputationshistorie, Rehabilitation, der sportlichen Aktivität vor und nach der Amputation, der Schmerzanamnese, dem SF-36 Score und dem AmpuPro Score zur Evaluation des funktionellen Outcomes.

Ergebnisse: 10 Athleten (6 m/4 w, Ø 30,7 Jahre, 7 paralympische Medaillen). Amputationsursache war in 6/10 ein Trauma, in 2/10 ein Tumor und in 2/10 eine Malformation. 5/6 traumatischen Amputationen entwickelten postoperativ Stumpfkomplikationen. 3/10 führten eine stationäre, 5/10 eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme mit frühzeitiger sportlicher Betätigung durch. Das funktionelle Outcome (Ampu Pro Score) war sehr gut (9/10 erreichten den Maximalwert von 120 Pkt). 7/10 hatten eine leere Schmerzanamnese, 3/10 berichteten über gelegentliche Phantomschmerzen, die in keinem Fall das tägliche Leben beeinflussten. Der SF-36 zeigte bezogen auf das physische Outcome, die Vitalität, die soziale Funktion und der emotionalen Rollenfunktion Werte, die der gesunden Normalpopulation entsprechen. Ausschließlich im mentalen Subscore zeigte die Gruppe der Athleten Werte unterhalb der Normalpopulation.

Schlussfolgerungen: Der Akutverlauf nach einer Amputation ist auch bei sportlich ambitionierten Patienten komplikationsbehaftet. Stationäre Rehamaßnahmen scheinen das funktionelle Outcome nicht positiv zu beeinflußen. Trotz eines optimalen funktionellen Outcomes und einer geringen Schmerzsymptomatik zeigen Spitzensportler ein unterdurchschnittliches mentales Outcome.

Die psychologische Deutung dessen bleibt unklar. Denkbar ist eine Überkompensation der mentalen Defizite durch die sportliche Leistung. In jedem Fall deuten die Ergebnisse des mentalen Subscores darauf hin, dass es eine „Leistungssport Persönlichkeit“ geben könnte – insofern blieben amputierte Leistungssportler bezogen auf die von ihnen erbrachten Spitzenleistungen eine eigene Entität und sollten deshalb nicht als „Role Model“ für amputierte Patienten herangezogen werden.
Der positive Effekt sportbetonter ambulanter Rehabilitationskonzepte, ohne Verweis auf sportliche Höchstleistungen, wird jedoch durch die vorliegenden Daten unterstützt und sollte in stärkerem Umfang als bisher in die Rehabilitation amputierter Unfallpatienten einbezogen werden.

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI24-639
doi: 10.3205/14dkou124, urn:nbn:de:0183-14dkou1243
Published: October 13, 2014
© 2014 Fabian et al.

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