Risiken für die Entstehung einer Infektion nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese

Risiken für die Entstehung einer Infektion nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese-Eine Auswertung von 596 Hüfttotalendoprothesen in einem zertifizierten Endoprothetikzentrum (EPZ)

Radtke K, Tetzlaff T, Ettinger M, Flörkemeier T, Windhagen H, von Lewinski G

Fragestellung: Die Anzahl der Implantationen von Hüfttotalendoprothesen hat in den letzten Jahren weltweit deutlich zugenommen und steigt weiter. Mit einer steigenden Anzahl an Operationen steigt auch die Zahl der Implantatinfektionen mit entsprechenden Folgen für die Patienten und ökonomischer Belastung der Kliniken. Bezüglich möglicher Risikofaktoren für das Auftreten von Implantationfektionen ist die vorliegende Literatur z.T. nicht eindeutig und auch regionale und lokale Unterschiede können nicht ausgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund werden mittels systematischer Analyse der in einem zertifizierten Endoprothetikzentrum implantierten Hüfttotalendoprothesen Risikofaktoren definiert werden, die die Entstehung einer Implantatinfektion begünstigen.

Methodik: Im zertifizierten Endoprothetikzentrum werden systematisch prospektiv demographische Daten, Komorbiditäten und Qualitätsindikatoren von allen Patienten erfasst, bei denen eine Totalendoprothese implatiert wird. Im Rahmen dieser Arbeit werden retrospektiv alle entsprechenden Daten von 596 Patienten nach Implantation einer Hüfttotalendoprothese vom Typ Bicontact® im Zeitraum von Juli 2011 bis Juni 2012 ausgewertet. Dabei werden Risikofaktorem entsprechend der Häufigkeit ihres Auftretens bei Implantatinfektionen bestimmt und das Signifikanzniveau mittels Shapiro-Wilk-Test rechnerisch ermittelt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Von 596 Patienten zeigten 21 Patienten Anzeichen eines oberflächlichen oder tiefen Wundinfektes, von denen bei 18 im Verlauf eine Revisionsoperation durchgeführt werden musste. In der Gruppe der infizierten Wunden/ Implantate zeigt sich im Vergleich zu den infektfreien Patienten ein signifikant höheres Gewicht (Mittelwert 89,8 kg ±SD 23 vs. 79 kg ±SD 16,7, p=0,365), höherer Body-Mass-Index (Mittelwert 31,6 ±SD 7 vs. 27,7 ±SD 4,9, p=0,103), eine höhere Rate an Patienten mit Alkoholabusus (9,5% vs. 3,3%) sowie eine deutlich längere OP-Zeit (Median 139 min vs. 82 min, p=0,004). Das C-reaktive Protein war bei den später eintretenden Infekten bereits präoperativ erhöht (Median 0,5 mg/dl vs. 0,2 mg/dl, p<0,001). Im Schnitt war bei Vorliegen eines Infektes die Krankenhausverweildauer deutlich verlängert (Mittelwert 46,9 Tage ±SD 38,2 vs. 14,2 Tage ±SD 5,5, Median 30 Tage vs. 13 Tage, p=0,004).

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnten einige Risikofaktoren für das Auftreten einer Implantatinfektion in der Gruppe der Patienten, die mittels Bicontact®-Hüfttotalendoprothese versorgt wurden herausgestellt werden. Die Ergebnisse sollten zukünftig in die Nutzen-Risiko-Abwägung einfließen und als Risikofaktoren mit den Patienten besprochen werden. Verlängerte Operationszeiten und längere Krankenhausverweildauern sollten hinsichtlich ihrer Relevanz weiter untersucht werden. Weitere Forschungsvorhaben und Maßnahmen sollten etwa auf die Vermeidung von Infekten trotz längerer Operationszeiten abzielen.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI30-620

doi: 10.3205/14dkou178, urn:nbn:de:0183-14dkou1780

Published: October 13, 2014
© 2014 Radtke et al.
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MRSA oder MRSE: Was ist der wahre Problemkeim periprothetischer Infektionen?

MRSA oder MRSE: Was ist der wahre Problemkeim periprothetischer Infektionen?

Wimmer MD, Randau T, Friedrich M, Koob S, Vavken P, Pagenstert G, Wirtz DC, Gravius S

Fragestellung: Staphylokokkus aureus und koagulase-negative Staphylokokken gelten als Hautverursacher periprothetischer Infektionen (PJI). Innerhalb dieser Erregergruppe gilt der „Methicillin-resistente Staphylokokkus aureus“ (MRSA) als „schwer behandelbarer Erreger“ und hat in den populärwissenschaftlichen Medien als „Der Krankenhauskeim“ wesentliche Bedeutung erlangt. In der klinischen Praxis erlangen multiresistente koagulase-negative Staphylokokken – hier insbesondere der multiresistente Staphylokokkus epidermidis (MRSE)-zunehmend an Bedeutung und scheinen mit einer reduzierten Infektsanierungsrate vergesellschaftet zu sein.

Dieser Rationale folgend, untersuchten wir die Hypothesen, dass

  1. das chronische MRSE PJI im Vergleich zu MRSA Infektionen eine reduzierte Infektsanierungsrate zeigen und dass
  2. MRSE und MRSA Protheseninfektionen schlechtere Infektsanierungsraten ausweisen als die vergleichbaren „multisensiblen“ Staphylokokkus aureus (MSSA) und epidermidis (MSSE) Stämme.

Methodik: Klinische Routinedaten von 74 konsekutiven Patienten (m=36, 48,7%, w=38, 51,3%) mit gesi-chertem chronischem Protheseninfekt des Hüft- (n=44, 59,5%) oder Kniegelenkes (n=30, 40,5%) und Nachweis eines MSSA (n=14, 18,9%), MSSE (n=21,27,4%), MRSA (n=15,20,3%) oder MRSE (n=24, 32,4%) wurden retrospektiv und anonymisiert analysiert und nach einem standardisierten zweizeitigen Therapieregime behandelt. Der Erregernachweis erfolgte an-hand periprothetischer Gewebeproben nach Langzeitbebrütung mit Differenzierung in die o. g. Erregergruppen.

Als Hauptvariable wurde die Rate der „sicher infektfreien“ Patienten nach 2 Jahren definiert. Zusätzlich wurden mehrere Co-Variablen (ASA Score, BMI, Alter, Geschlecht u.a.) als poten-tielle Risikofaktoren für das Auftreten von MRSA oder MRSE Protheseninfekten berücksich-tigt und analysiert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im gesamten Kollektiv konnte insgesamt bei n=56 (75,7%) Patienten eine definitiv infektfreie Situation erreicht werden. Die Untergruppenanalysen unterscheiden sich wesentlich (Rate defintiv infektfrei: MSSA n=13 (92,6%), MSSE n=20 (95,2%), MRSA n=10 (66%), MRSE n=13 (54,2%). Die statistische Analyse bestätigte einen signifikanten Einfluss der Erregergruppen MRSA und MRSE auf die Rate der definitiv infektfreien Patienten mit einer Odds Ratio von 0,6 (95% CI 0,1-1,3) bei einem p-Wert von 0.046. In einem multivariaten logistischen Regressionsmodell konnten mehrere Co-Variablen als mögliche Risikofaktoren für das Auftreten einer MRSA oder MRSE PJI identifiziert werden.

Unsere Daten belegen die Primärhypothese, dass chronische MRSE im Vergleich zu MRSA Protheseninfektionen eine reduzierte Infektsanierungsrate aufweisen. Des Weiteren sind PJI mit MRSE und MRSA gegenüber „sensiblen“ Staphylokokkus aureus und epidermidis PJI mit einer schlechteren Rate an defintiv infektfreien Patienten vergesellschaftet. Zudem legen unsere Daten nahe, dass die analysierten Co-Variablen zumindest partiell als Risikofaktoren für PJI mit MRSA und MRSE in Betracht gezogen werden müssen.

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI30-1524

doi: 10.3205/14dkou177, urn:nbn:de:0183-14dkou1771

Published: October 13, 2014
© 2014 Wimmer et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.