Angulation des degenerierten Segmentes: Ein prädiktiver Parameter für das klinische Ergebnis 5 Jahre nach Implantation einer lumbosakralen Bandscheibenprothese

Angulation des degenerierten Segmentes: Ein prädiktiver Parameter für das klinische Ergebnis 5 Jahre nach Implantation einer lumbosakralen Bandscheibenprothese

Strube P, Dreischarf M, Hoff E, Schmidt H, Perka C, Putzier M

 

Fragestellung: In einer Finite-Elemente-Modell-Untersuchung und einer klinischen Studie konnten wir die Parameter iatrogene Distraktion, Lordosierung und posteriore Translation des kranialen Wirbelkörpers als negative Einflussfaktoren auf das klinische Ergebnis nach Implantation einer lumbosakralen Bandscheibenprothese identifizieren [1], [2]. Um eine Bandscheibenprothese implantieren zu können, ist jedoch aufgrund der Implantatmindesthöhe ein gewisses Maß an Distraktion erforderlich. Eine Lordosierung tritt hierbei wahrscheinlich vor allem bei präoperativ gering angulierten Segmenten auf, was sich besonders negativ auf die klinischen Ergebnisse auswirken sollte. Ob der Parameter präoperative segmentale Angulation als Prädiktor für das klinische Ergebnis fungieren kann, wurde jedoch bisher nicht evaluiert und war Gegenstand der vorliegenden Studie.

Methodik: 40 Patienten einer prospektiven Kohortenstudie zur klinisch-radiologischen Evaluation nach Implantation einer lumbosakralen Bandscheibenprothese bei Bandscheibendegeneration/Osteochondrose wurden zu einem zusätzlichen Follow-Up eingeladen für eine klinische (ODI, VAS für Rücken und Beinschmerz) Nachuntersuchung. Die radiologisch ermittelte präoperative Angulation des Bandscheibenfaches (anteriore/posteriore/durchschnittliche Diskhöhe) und die klinischen Parameter zum Follow-up wurden hinsichtlich einer Korrelation untersucht. Die Korrelationsanalyse wurde für die Subgruppen Klinische Versager (ODI≥25%) und klinischer Erfolg (ODI<25%) wiederholt.

Ergebnisse: 34 Patienten waren bereit, sich einer zusätzlichen Untersuchung zu unterziehen. Das mittlere Follow-up war 59.5 Monate. Alle Patienten zeigten eine signifikante Verbesserung der klinischen Scores über die Zeit. Zum Follow-Up zeigte sich eine signifikante Korrelation erhöhter Schmerzscores mit einer geringen präoperativen Angulation des Bandscheibenfaches bei allen Patienten (VASRücken R=-0,634; VASgesamt R=-0,644; jeweils p<0,001), den klinischen Versagern (VASRücken R=-0,939 p<0,001; VASgesamt R=-0,865 p=0,001) und der Subgruppe klinischer Erfolg (VASRücken R=-0,561 p=0,004; VASgesamt R=-0,560 p=0,004).

Schlussfolgerung: Eine geringe präoperative Angulation des Bandscheibenfaches stellt einen hochsensitiven negativen Prädiktor für den Erfolg einer lumbosakralen Bandscheibenprothese dar. Eine derartige Konfiguration sollte daher als Kontraindikation für einen endoprothetischen Bandscheibenersatz im lumbosakralen Segment in Betracht gezogen werden.

Literatur

  1. Rohlmann A, Lauterborn S, Dreischarf M, Schmidt H, Putzier M, Strube P, Zander T. Parameters influencing the outcome after total disc replacement at the lumbosacral junction. Part 1: misalignment of the vertebrae adjacent to a total disc replacement affects the facet joint and facet capsule forces in a probabilistic finite element analysis. Eur Spine J. 2013 Oct;22(10):2271-8. DOI: 10.1007/s00586-013-2909-z
  2. Strube P, Hoff EK, Schmidt H, Dreischarf M, Rohlmann A, Putzier M. Parameters influencing the outcome after total disc replacement at the lumbosacral junction. Part 2: distraction and posterior translation lead to clinical failure after a mean follow-up of 5 years. Eur Spine J. 2013 Oct;22(10):2279-87. DOI: 10.1007/s00586-013-2967-2

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI41-1165

doi: 10.3205/14dkou270urn:nbn:de:0183-14dkou2704

Published: October 13, 2014
© 2014 Strube et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.

Langzeit-Ergebnisse nach endoprothetischem Bandscheibenersatz der Lendenwirbelsäule: eine prospektive Studie mit 5 bis 10 Jahren Follow-Up

Langzeit-Ergebnisse nach endoprothetischem Bandscheibenersatz der Lendenwirbelsäule: eine prospektive Studie mit 5 bis 10 Jahren Follow-Up

Siepe C, Wiechert K, Heider F, Mehren C, Korge A, Mayer HM

 

Fragestellung: Der Stellenwert der Fusion lumbaler Bewegungssegmente für die Behandlung therapieresistenter Rückenschmerzen bei degenerativer Bandscheibenerkrankung (DDD) ohne Instabilitäten oder Deformitäten wird kontrovers diskutiert. Der endoprothetische Bandscheibenersatz (engl.: Total Lumbar Disc Replacement, TDR) wurde in einer hoch selektierten und individualisierten Patientenkohorte als Alternative zur Fusion durchgeführt. Die weltweit publizierten Daten zu Langzeitergebnissen nach endoprothetischem Bandscheibenersatz sind nach wie vor limitiert.

Methodik: Klinische Outcome Scores (Visuelle Analogskala (VAS), Oswestry Disability Index (ODI)) sowie subjektive Patientenzufriedenheit wurden im Rahmen der laufenden prospektiven Studie nach TDR (ProDisc II) erfasst. Weitere erfasste Parameter waren die berufliche Reintegration der Patienten, Komplikations- und Reoperationsraten. Der Zeitpunkt bis zum Auftreten der Reoperationen wurde analysiert. Eine vergleichende Untersuchung wurde durchgeführt zwischen mono- und bisegmentalen Eingriffen. Das Minimum FU lag bei 5 Jahren.

Ergebnisse: 181 von 201 Patienten standen für die finale Auswertung zur Verfügung (90% FU Rate) nach einem mittl. FU von 7.4 Jahren (range 5.0 bis 10.8 Jahre). Die Ergebnisse ergaben eine hochsignifikante Verbesserung von VAS und ODI (p<0.0001). Die VAS Scores zeigten im postoperativen Verlauf eine diskrete (VAS=2.6 zu VAS=3.3), aber signifikante Verschlechterung ab dem 48 Monats FU (p<0.05). Die subjektive Patientenzufriedenheit ergab durchweg stabile Ergebnisse mit 63.6% ’sehr zufrieden‘ und ‚zufriedenen‘ Patienten (22.7%); 13.7% gaben ein nicht-zufriedenstellendes Ergebnis an.

Die Gesamt-Komplikationsrate betrug 14.4% (n=26/181). Die Inzidenz von Revisionseingriffen für allgemeine- oder implantatbedingte Komplikationen lag bei 7.2% (n=13/181).

2-segmentale Eingriffe zeigten postop. ebenfalls eine signifikante Verbesserung von VAS and ODI Scores (p<0.05). Die Ergebnisse blieben jedoch insgesamt signifikant hinter denen monosegmentaler Eingriffe zurück und waren darüber hinaus mit höheren Komplikationsraten (11.9% vs. 27.6%; p=0.03) und inferiorer Raten der subjektiven Patientenzufriedenheit assoziiert (p<0.003).

Schlussfolgerung: Obwohl die aktuelle Studie die initialen Erfahrungen sowie die Lernkurve mit einem neuen chirurgischen Verfahren beinhaltet zeigen die Daten zufriedenstellende und gleichbleibend stabile Ergebnisse im mittel- und langfristigen Verlauf nach einem durchschnittlichen FU von 7.4 Jahren. Die Patientensicherheit wurde mit akzeptablen Komplikations- und Reoperationsraten nachgewiesen. Die initial vereinzelt geäußerte Befürchtung exzessiver Raten von Spät-Komplikationen und -Reoperationen konnte anhand der vorliegenden Daten nicht bestätigt werden.

Der endoprothetische Bandscheibenersatz stellt bei strenger und hoch individualisierter Indikationsstellung für eine kleinen Teil bisheriger Fusionskandidaten eine attraktive Alternative zur Fusion lumbaler Segmente dar.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI41-119

doi: 10.3205/14dkou268urn:nbn:de:0183-14dkou2680

Published: October 13, 2014
© 2014 Siepe et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.