Langfristige Einschränkung der Sehnenelastizität und der Gelenkbeweglichkeit nach unilateraler Achillessehnenruptur

Langfristige Einschränkung der Sehnenelastizität und der Gelenkbeweglichkeit nach unilateraler Achillessehnenruptur

Manegold S, Agres A, Gehlen T, Tsitsilonis S, Wichlas F, Haas NP, Duda GN

 

Fragestellung: Nach Band- und Sehnenverletzungen wird die Funktion durch die Ausbildung von Narbengewebe sowie dessen strukturelles Remodelling wiederhergestellt. Im Falle einer Sehnenruptur führen strukturelle Defizite der Muskel-Sehnen-Einheit zu einer verminderten Gelenkfunktion und damit zu einem funktionellen Defizit.

Hypothese: nach Achillessehnenruptur (ASR) erlangt die Achillessehne ihre elastischen Sehneneigenschaften nicht wieder, was sich durch die damit verbunden strukturelle Defizite in einer verminderten Gelenkfunktion widerspiegelt.

Methodik: Retrospektiv wurden 23 Pat. (19 Männer, 4 Frauen; Alter 45±11,3 J, 28-67 J) mit einem Follow-up von 49±12,9 Mon. (27-82 Mon) nach einer perkutan operierten ASR analysiert.

Eine 3D-kinematische Bewegungsanalyse der unteren Extremität erfolgte mittels Motion Capture-System (Vicon) in Kombination mit Druckmessplatten zur Erfassung des Abrollverhaltens, des Gangmusters sowie der Gelenkbeweglichkeit (Dorsalextension, Plantarflexion, Inversion, Eversion).

Zusätzlich wurden die elastischen Dehnungseigenschaften der Achillessehne (Steifigkeit, Dehnbarkeit, Verlängerung) bei maximaler Plantarflexion (BIODEX Dynamometer) unter sonographischer Kontrolle am Muskelsehnenübergang bestimmt. Kontrolle (n=7): gesunde Probanden.

Zudem wurden Muskelumfang der Wade und klinische Scores zur Evaluierung erfasst (Achilles Tendon Rupture Score (ATRS), 100-Pkte-Score n. Thermann, Trillat-Score, Visuelle Analog-Skala). Die statistische Auswertung wurde mit SPSS durchgeführt, das Signifikanzlevel lag bei 0,05.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die operierte Seite zeigte im Vergleich mit der gesunden Gegenseite einen signifikant reduzierten Bewegungsumfang (p<0,05) der Dorsalextension/Plantarflexion bei 64-85%, sowie eine signifikant reduzierte Inversion/Eversion (p<0,05) bei 69-80% des Gangzyklus (späte Standphase – mittlere Schwungphase).

Zudem war die Sehnensteifigkeit nach ASR im Vergleich zur Gegenseite (p<0,001) und zur Kontrollgruppe (p<0,019) signifikant erhöht. Entsprechend zeigte sich die Sehnendehnung (strain) als auch die Sehnenverlängerung verglichen mit der Gegenseite signifikant vermindert (p<0,001). Das maximale Drehmoment war jedoch in allen Gruppen gleich.

Der Muskelumfang der verletzen Seite (36,5±2,8cm) war im Vgl. zur Gegenseite (38,2 ± 2,3 cm) signifikant vermindert (p<0,001). Die klinischen Scores ergaben dennoch überwiegend gute Ergebnisse: ATRS 84,8±12,6, Trillatscore 1,95±0,7 und Thermen 100 Punkte Score 80,3±9,9. Die VAS für Schmerz und Funktion betrug im Mittel 0,54 ± 0,89 resp. 1,49±1,63.

Die Ergebnisse zeigen, dass im Langzeitverlauf nach ASR funktionelle und kinematische Defizite infolge einer erhöhten Sehnensteifigkeit bestehen bleiben, die sich den klinischen Scores entziehen. Ziel der operativen und postoperativen Behandlung sollte es daher sein, die ursprüngl. Funktion und Sehneneigenschaften wiederherzustellen. Hierzu sind genauere Kenntnisse über das Remodeling der Sehne sowie die reparativen und regenerativen Heilungsprozesse erforderlich.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI39-1373

doi: 10.3205/14dkou254, urn:nbn:de:0183-14dkou2545

Published: October 13, 2014
© 2014 Manegold et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.en). You are free: to Share – to copy, distribute and transmit the work, provided the original author and source are credited.