Genauigkeit und Einflußfaktoren der intraoperativen Einschätzung von Pfannen- und Schaftposition in der minimal-invasiven Hüftendoprothetik

Feb 27, 2017

Genauigkeit und Einflußfaktoren der intraoperativen Einschätzung von Pfannen- und Schaftposition in der minimal-invasiven Hüftendoprothetik

Renkawitz T, Weber M, Wörner M, Springorum HR, Sendtner E, Hapfelmeier A, Grifka J

 

Fragestellung: In der vorliegenden Arbeit wurde (1) die intraoperative Abschätzung von Pfanneninklination (INKL), -anteversion (AV) und Schafttorsion (AT) mit postoperativen Implantatvermessungen auf computertomographischen (CT) Rekonstruktionen/intraoperativen Navigationsmessungen verglichen und (2) mögliche Korrelationen zwischen der Schätzgenauigkeit und der Berufserfahrung des Operateurs sowie anthropometrischen Patientencharakteristika (BMI, Kellgren, Schnittlänge) evaluiert.

Methodik: In einer klinisch prospektiv, randomisierten Studie erfolgte bei insgesamt 122 Patienten mit (n=57) oder ohne (n=65) Hilfe eines bildfreien Navigationssystems (Hip 6.0 prototype, Brainlab, Feldkirchen) über einen minimal-invasiv anterioren (MicroHip®) Zugang die Implantation von zementfreien HTEP (Pinnacle, Corail, DePuy Warsaw). Die Operationen verteilten sich gleichmäßig auf insgesamt 4 Operateure, wobei zwei Chirurgen eine jeweils mehr als 20 jährige und zwei Chirurgen eine jeweils rund 10 jährige Berufserfahrung in der primären Hüftendoprothetik hatten. Die Schätzungen und dazugehörige Dokumentation der INKL, AV und AT erfolgte in der Freihandgruppe direkt nach Einbringen der finalen Implantate. In der Navigationsgruppe wurde der Navigationsbildschirm vor Einbringung der finalen Implantate verdeckt und der Operateur positionierte und schätzte die in Relation zum gefrästen Acetabulum nächstkleinere Probepfanne. Anschließend wurden die Werte vom Navigationssystem abgelesen. Die Schätzungen der AT erfolgte anaolg zur Freihand Gruppe. Die postoperativen Pfannen- und Schaftvermessungen erfolgte auf 3D-CT Rekonstruktionen durch verblindete Untersucher (MeVis Medical Solutions, Bremen).

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die mittleren Abweichungen zwischen den intraoperativen Schätzwerten und der CT/Navigationsauswertung betrug -3,6° (±6,8°; -23,0° bis 11,0°) bzw. 11,4° (±10,5°; -16,7 bis 41,3°) für INKL bzw. AV sowie -6,6° (±10,2°; -33,9° bis 25,5°) für die AT. Die Berechnung des Pearson Korrelationskoeffizienten zeigte keinen linearen Zusammenhang zwischen der Schätzgenauigkeit und dem präoperativen BMI (-0,05<r<0,17), der Schnittlänge (-0,18<r<0,06) oder dem Arthrosestadium (p=0,20-0,67). Die Chirurgen mit geringerer Berufserfahrung lagen bei der Schätzung der AT im Mittel 4,1° näher am 3D-CT Referenzwert (p=0,030). Insgesamt 85 (70%) der implantierten zementfreien Schäfte lagen außerhalb des nativen Normintervalls von 10–20°.

Die intraoperative Schätzung der Pfannen- und Schaftposition unterliegt in der minimalinvasiven Hüftendoprothetik großer Schwankungsbreite. Berufserfahrung, Weichteilverhältnisse, Arthrosegrad oder die Schnittlänge haben darauf keinen Einfluss. Zusätzliche Erschwernis birgt die hohe Rotations-Streubreite zementfreier Schäfte. Chirurgen sollten grundsätzlich in der minimal-invasiven Hüftendoprothetik zur intraoperative Winkelkontrolle von Pfanne und Schaft auf mechanische Ausrichtinstrumente, die intraoperative Fluoroskopie oder die bildfreien Navigation zurückgreifen.

 

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocWI32-514

doi: 10.3205/14dkou195, urn:nbn:de:0183-14dkou1956

Published: October 13, 2014
© 2014 Renkawitz et al.
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