Gehen mit vermehrter Oberkörperseitneigung reduziert das externe Knieadduktionsmoment aber kann trotzdem die mediale Kniekontaktkraft erhöhen

Mai 13, 2019

Gehen mit vermehrter Oberkörperseitneigung reduziert das externe Knieadduktionsmoment aber kann trotzdem die mediale Kniekontaktkraft erhöhen

Schwachmeyer V, Kutzner I, Trepczynski A, Heller M, Bergmann G

 

Fragestellung: Die Kniebelastung, besonders die mediale Kniekontaktkraft Fmed, ist ein entscheidender Einflussfaktor für das Auftreten und Fortschreiten von Arthrose. Das einfach zu berechnende externe Adduktionsmoment (EAM) wird häufig als indirekte Messgröße für Fmed beim Gehen verwendet. Die Spitzenwerte werden beim Gehen mit vermehrter Oberkörperseitneigung (Duchenne-Hinken) je nach Grad der Seitneigung um bis zu 65% reduziert [1]. Es bleibt jedoch unklar, ob diese Reduktion des EAM mit einer gleichzeitigen Reduktion von Fmed korreliert, da eine Erhöhung der resultierenden Kraft Fres oder deren axialer Komponente Fz einen Anstieg von Fmed bewirken würde. Ziel dieser Studie war es, die tatsächliche Kniebelastung beim Gehen mit Oberkörperseitneigung mit instrumentierten Implantaten zu messen.

Methodik: Vier Patienten (63-78 Jahre, Größe 174-176cm, Gewicht 68-98kg) mit instrumentierten Knieimplantaten (Innex, Zimmer, Winterthur, Switzerland) [2] gingen auf ebenem Boden mit normaler und erhöhter Oberkörperseitneigung. Fmed, die Kraftverteilung – sog. Medial Ratio (MR = 100*Fmed/Fz) – und Fres wurden aus den telemetrischen Daten berechnet. Mithilfe einer Bewegungsanalyse (VICON Metrics, Oxford, UK) und Bodenreaktionskräften (AMTI, Watertown, MA, USA) wurde die Oberkörperseitneigung quantifiziert sowie das EAM berechnet. Spearman Korrelationskoeffizienten wurden zwischen allen Parametern ermittelt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die Oberkörperseitneigung wurde durchschnittlich um 9° (8 bis 10°) erhöht. Der Einfluss auf die internen Kräfte war während der ersten Hälfte des Gangzyklus am stärksten ausgeprägt. Bei allen Patienten wurde das EAM im Schnitt um 52% (-32 bis -90%), und die MR um -17% (-16% bis -19%) reduziert. Fres wurde in fast allen Patienten erhöht (-1 bis +50%), durchschnittlich um +20%. Der kombinierte Effekt von angestiegenenem Fres bei gleichzeitig geringerem MR führte zu individuell unterschiedlichen Änderungen von Fmed: Durchschnittlich änderte sich Fmed um -4%, mit Reduktionen um -20% bei zwei Patienten und Anstiegen von +3% und +18% bei den anderen beiden. Nur EAM und MR korrelierten statistisch signifikant miteinander (r= -0.8, p= 0.03).

Alle Patienten erreichten eine deutlich vermehrte Oberkörperseitneigung. Die dadurch verursachte Reduktion des EAM war der in der Literatur ähnlich. Obwohl EAM und MR konsistent reduziert wurden, verursachte der gleichzeitige Anstieg von Fres eine Erhöhung von Fmed bei zwei Patienten. Dies verdeutlicht, dass Veränderungen des EAM keine zuverlässige Aussage über Veränderungen der medialen Kniekontaktkraft erlauben.

Literatur:
1.Mündermann A, Asay JL, Mündermann L, Andriacchi TP. Implications of increased medio-lateral trunk sway for ambulatory mechanics. J Biomech. 2008;41(1):165-70. DOI: 10.1016/j.jbiomech.2007.07.001
2.Heinlein B, Graichen F, Bender A, Rohlmann A, Bergmann G. Design, calibration and pre-clinical testing of an instrumented tibial tray. J Biomech. 2007;40 Suppl 1:S4-10. DOI: 10.1016/j.jbiomech.2007.02.014

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR19-702

doi: 10.3205/14dkou538urn:nbn:de:0183-14dkou5389

Published: October 13, 2014
© 2014 Schwachmeyer et al.
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