by G. H. | Mai 6, 2019 | Hüfte + Endoprothetik, News, Wirbelsäule, Wirbelsäule chir.
Die lokale und globale Form der Lendenwirbelsäule ist alters- und geschlechtsabhängig – In vivo Untersuchung an 323 asymptomatischen Probanden
Dreischarf M, Albiol Sánchez L, Rohlmann A, Pries E, Strube P, Druschel C, Putzier M, Schmidt H
Fragestellung: Die individuelle Ausprägung der Lendenlordose gilt als prädisponierender Faktor für das Auftreten degenerativer Erkrankungen und hat Einfluss auf den Erfolg operativer Versorgungen [1], [2], [3]. Ein Verständnis des Zusammenspiels zwischen Alter und Geschlecht einerseits und segmentaler und globaler Form und Beweglichkeit (Range of Motion-RoM) andererseits ist essentiell für eine Optimierung von konservativen und operativen Therapiemaßnahmen. Bisher durchgeführte Untersuchungen gehen nicht über die Betrachtung der gesamten Lendenlordose hinaus und zeigen ein uneinheitliches Bild. In der vorliegenden Studie soll der geschlechtsspezifische Einfluss des Alters auf die Lordose im Stehen und den RoM bestimmt werden.
Methodik: Das Messystem Epionics SPINE ermöglicht die nicht-invasive Messung der globalen und segmentalen Rückenform sowie des RoMs in der Sagittalebene mit hoher Messgenauigkeit und Reliabilität [4]. Das Messsystem besteht aus zwei flexiblen Sensorstreifen, die standardisiert auf den Rücken von 323 asymptomatischen Probanden (Alter: 20-75; Frau/Mann=184/139) appliziert wurden. Eine Standardchoreographie bestehend aus maximaler Oberkörperflexion und -extension und einer Referenzmessung im Stehen wurde bis zu sechs Mal je Proband wiederholt. Aus diesen Messungen wurden alle segmentalen Lordosewinkel im Stehen und der lumbale RoM bestimmt. Der Einfluss des Alters auf die Lordose im Stehen und auf den RoM wurde geschlechtsspezifisch segmental und global evaluiert (einfaktorielle Varianzanalyse, alpha=0,05).
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer signifikanten Verringerung der Lendenlordose. Die Entlordosierung nimmt relativ von kaudal nach kranial zu und tritt absolut am stärksten im mittleren Abschnitt der Lordose auf. Der Prozess der Entlordosierung ist bei Frauen ausgeprägter als bei Männern. Bezüglich der Beweglichkeit ergeben sich ähnliche Zusammenhänge. Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer signifikanten Abnahme des lumbalen RoM, wobei insbesondere der kaudale Abschnitt der Lordose auch im höheren Alter seine Beweglichkeit erhält.
In Übereinstimmung mit dem Großteil der Literatur verringern sich sowohl die globale Lordose im Stehen als auch der RoM geschlechtsspezifisch mit dem Alter. Es ist jedoch das erste Mal, dass eine Gesetzmäßigkeit der Entlordosierung von kaudal nach kranial dokumentiert wurde. Eine Verringerung der Lordose tritt demnach auch bei asymptomatischen Probanden auf und ist normaler Teil des Alterungsprozesses. Insbesondere der lumbo-sakrale Übergang bleibt dabei mit zunehmendem Alter lordotisch und beweglich. Die hier aufgezeigten alters- und geschlechtsspezifischen Veränderungen der Lordose wurden in bisherigen Konzepten der Rekonstruktion des sagittalen Profils nur unzureichend berücksichtigt und können einen wesentlichen Einfluss auf den therapeutischen Erfolg haben.
Literatur
1.Barrey C, Jund J, Noseda O, Roussouly P. Sagittal balance of the pelvis-spine complex and lumbar degenerative diseases. A comparative study about 85 cases. Eur Spine J. 2007 Sep;16(9):1459-67. DOI: 10.1007/s00586-006-0294-6
2.Strube P, Hoff E, Hartwig T, Perka CF, Gross C, Putzier M. Stand-alone anterior versus anteroposterior lumbar interbody single-level fusion after a mean follow-up of 41 months. J Spinal Disord Tech. 2012 Oct;25(7):362-9. DOI: 10.1097/BSD.0b013e3182263d91
3.Roussouly P, Gollogly S, Berthonnaud E, Dimnet J. Classification of the normal variation in the sagittal alignment of the human lumbar spine and pelvis in the standing position. Spine (Phila Pa 1976). 2005 Feb 1;30(3):346-53.
4.Taylor WR, Consmüller T, Rohlmann A. A novel system for the dynamic assessment of back shape. Med Eng Phys. 2010 Nov;32(9):1080-3. DOI: 10.1016/j.medengphy.2010.07.011
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR19-1309
doi: 10.3205/14dkou537, urn:nbn:de:0183-14dkou5371
Published: October 13, 2014
© 2014 Dreischarf et al.
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by G. H. | Mai 6, 2019 | Hüfte + Endoprothetik, News
Postoperative Änderung der in vivo Reibung im künstlichen Hüftgelenk beim Fahrradfahren
Damm P, Bender A, Bergmann G
Fragestellung: Der reibungsinduzierte Verschleiß der Gelenkpartner ist immer noch einer der Hauptgründe für das Versagen eines Hüftgelenkersatzes. So muss bei bis zu 40% aller Revisionen an am Hüftgelenk ausschließlich die Pfanne bzw. das Inlay verschleißbedingt ausgetauscht werden (Havelin et al. 2009). Zusätzlich wird das Patientenspektrum immer jünger und sportlich aktiver. Sportliche Aktivitäten können jedoch zu erhöhten Gelenkbelastungen führen und damit zu einem erhöhten Versagensrisiko der Gleitpaarung aufgrund der Reibung.
Ziel dieser Studie ist es die post operativen (pOP) Änderungen der Reibung im künstlichen Hüftgelenk in vivo zu messen.
Methodik: Für die in vivo Messung im künstlichen Hüftgelenk wurde ein instrumentiertes Implantat mit einer Al2O3/XPE Gleitpaarung verwendet (Damm et al. 2010). An den Belastungsmessungen auf einem Fahrradergometer nahmen 7 Patienten teil. Die Messungen wurden zu 3 pOP Zeitpunkten durchgeführt (2-3; 4-6 und 10-12 Monate). Die Gelenkkontaktkraft Fres in % des Körpergewichtes (KG) und das Reibmoment Mres (% KGm) wurden die bei 90 W bei 40 sowie 60 U/min gemessen. Aus allen Lastzyklen wurde für jeden Patienten und pOP Zeitpunkt eine mittlere Belastungskurve berechnet (Bender und Bergmann 2012). Die individuellen Belastungen aller Patienten wurden dann getrennt für die 3 Zeitpunkte gemittelt (mittlerer Patient.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im pOP Verlauf kam es bei 40 bzw. 60U/min zu einer Zunahme von Fres von 4% bzw. 6% (log; R²=0,97 bzw. 0,85); Mres fiel im pOP Verlauf ab (-log; R²=0,99 bzw. 0,98). Die Reduktionen betrugen im Mittel 24% bei 40 U/min bzw. 31% bei 60 U/min (Abbildung 1 [Abb. 1], Tabelle 1 [Tab. 1]).
Die in vivo Gelenkbelastung hängt zum einem von der Umdrehungszahl (Gleitgeschwindigkeit) und zum anderen vom pOP Zeitpunkt ab. Eine Reduzierung der Umdrehungszahl führte zu einem Anstieg von Fres und damit zu höheren Werten von Mres.
Im pOP Verlauf wurde eine starke Abnahme von Mres bei nur wenig verändertem Fres gemessen. Dies kann einerseits mit dem Einlaufverhalten der Gleitpartner erklärt werden. Evtl. verbessern sich aber auch die Schmiereigenschaften der Synovia im pOP Verlauf. Diese Änderungen können durch den Proteingehalt oder die Viskosität der Synovia bewirkt werden.
Die Messdaten zeigen, dass das Fahrradfahren Patienten mit einem Hüftgelenkersatz als geeignete Sportart empfohlen werden kann. Jedoch sollte insbesondere in der frühen pOP Phase mit hohen Drehungszahlen (90 W) gefahren werden, um so die Reibbelastung der Gleitpartner zu minimieren.
Dieses Projekt wurde von der DFG (DFG – SFB 760, Be 804/19-1) und der Deutschen Arthrose-Hilfe e.V. unterstützt.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR19-1022
doi: 10.3205/14dkou536, urn:nbn:de:0183-14dkou5363
Published: October 13, 2014
© 2014 Damm et al.
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by G. H. | Mai 6, 2019 | Hüfte + Endoprothetik, News
Auswirkungen von Beinlängendifferenzen auf Becken und Wirbelsäule bei Patienten mit Hüftgelenksersatz
Betsch M, Graber M, Wild M, Zilkens C
Fragestellung: Beinlängendifferenzen stellen die zweithäufigste Ursache für einen Rechtsstreit nach einer Gelenkoperation dar und 7.9% aller Orthopäden werden im Laufe ihrer Berufslaufbahn aufgrund eines postoperativen Beinlängenunterschiedes verklagt. In vorherigen Studien konnten wir ein Modell zur Simulation von Beinlängendifferenzen und deren Auswirkungen auf Beckenstellung und Körperhaltung mit Hilfe eines lichtoptischen Messsystems etablieren. Ziel der aktuellen Studie war es die Effekte von Beinlängendifferenzen bei Patienten nach Hüftgelenksersatz unter Verwendung dieses Modells zu untersuchen und mit einer Kontrollgruppe zu vergleichen.
Methodik: Im Rahmen unserer Studie wurden 99 Patienten (65 Frauen und 34 Männer) durchschnittlich 24 Monate nach Implantation einer Hüftgelenksprothese untersucht. Beinlängendifferenzen von +10 mm, +20 mm und +30 mm wurden durch eine computergesteuerte Standplattform bei allen Patienten und in einer gematchten Kontrollgruppe simuliert. Nach einer Minute wurden die Effekte der simulierten Beinlängendifferenzen auf Becken (Beckenschiefstand und torsion) und Wirbelsäule (Seitabweichung und Oberflächenrotation) mit Hilfe eines lichtoptischen Messsystems (Formetric®, Diers International GmbH, Schlangenbad, Deutschland) erfasst. Unterschiede zwischen den Beinlängendifferenzen und zwischen den Gruppen wurden mit Hilfe von unabhängigen T-Tests sowie mit multivarianten ANOVA-Tests (modifizierte Bonferroni Methode) evaluiert.
Ergebnisse: Nach Implantation einer Hüftgelenksprothese zeigte sich radiologisch gemessen eine durchschnittliche Beinlängendifferenz von 1.22±11 mm. Beinlängendifferenzen von 10 mm und mehr führten in unserem Patientenkollektiv zu einer signifikanten Veränderung (p<0.05) des Beckenstandes und ab 20 mm zu einer signifikanten Erhöhung (p<0.05) der Beckentorsion. Durch Beinlängendifferenzen von 30 mm kam es zu signifikanten Veränderungen (p<0.05) in der Oberflächenrotation und Seitabweichung der Wirbelsäule. Nach Implantation einer Hüftgelenksprothese führen Beinlängendifferenzen im Vergleich zu einem Normkollektiv zu stärkeren Veränderungen der Beckenstellung und Wirbelsäulenform. So zeigten sich signifikante Unterschiede (p<0.05) zwischen beiden Gruppen ab 10 mm Beinlängendifferenz sowohl für die Wirbelsäulenparameter als auch ab 20 mm für die Beckenstellung.
Schlussfolgerung: Mit dem hier verwendeten Messsystem können beinlängenbedingte Veränderungen der Körperhaltung und Beckenstellung umgehend und strahlenfrei erfasst werden. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass es in Hüft-TEP Patienten zu signifikanten Veränderungen des Beckens und der Wirbelsäule durch simulierte Beinlängendifferenzen kommt. Jedoch scheinen sich bei diesen Patienten, Beinlängendifferenzen stärker auf das Becken und die Wirbelsäule auszuwirken als in einer vergleichbaren Kontrollgruppe, was durch eine operativ bedingte veränderte Biomechanik des Hüftgelenks erklärbar ist.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR19-975
doi: 10.3205/14dkou535, urn:nbn:de:0183-14dkou5354
Published: October 13, 2014
© 2014 Betsch et al.
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by G. H. | Apr 29, 2019 | Chirurgische Orthopädie, Konservative Orthopädie, News
Die Veränderung der Oberschenkelmuskulatur-Aktivität bei unterschiedlichem Bindungsaufbau im alpinen Skisport
Fehske K, Roßberg M, Hoos O
Fragestellung: Das Kniegelenk steht nach wie vor im Fokus bei Verletzungen im Skisport. Die Prävention von ligamentären Läsionen hat an Bedeutung gewonnen. Ein Ansatz ist es, die muskuläre Stabilisierung des Knigelenkes zu optimieren. Betrachtet man die Oberschenkelmuskulatur so ist es erwiesen, dass die Quadrizepsmuskulatur (QM) als Antagonist und die Ischiocruralmuskulatur (Hamstrings, HS) über eine Stabilisierung des Tibiaplateaus als Agonist des vorderen Kreuzbandes (VKB) anzusehen ist. Eine höhere Aktivierung der IM im Verhältnis der QM führt dementsprechend zu einer Verringerung des VKB-Ruptur Risikos.
Variationen im Bindungsaufbau führen zu einer Veränderung der Muskelaktivierung. In unserer Arbeit sollte gezeigt werden, ob und wie diese Veränderungen quantifizierbar sind.
Methodik: Gemessen wurden 51 Probanden, davon 20 männlich und 31 weiblich. Die Messungen erfolgten randomisiert, d.h. in zufälliger Reihenfolge. Mittels 8-Kanal-Oberflächen-EMG wurde zunächst die Maximalkraft der vorderen (M. vastus medialis und M. rectus femoris) bzw. der hinteren (M. biceps femoris und Mm. semitendinosus/ semimembranosus) Oberschenkelmuskulatur bestimmt. Für die Messung des Bindungssystems wurden die Oberflächen-Signale für drei verschiedene Aufbauten (Vorfußerhöhung, Rückfußerhöhung und Neutral) in jeweils drei verschiedenen Positionen (Vorlage, Neutralposition, Rücklage) abgeleitet. Aus den erhaltenen Werten aus je zwei Messungen wurde jeweils ein Mittelwert für die Quadricepsmuskulatur sowie für die Hamstrings berechnet, welche mit den Maximalkräften in Verhältnis gesetzt wurden. Aus der so erhaltenen relativen Anspannung des Muskels konnte die jeweilige Hamstrings/Quadriceps-Ratio (H/Q) berechnet werden. Zusätzlich wurde jeweils ein Fragebogen zu Alter, Größe, Gewicht, Skikönnen, bisherige Verletzungen und Sportzeit pro Woche beantwortet.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Bezüglich des Bindungssystems konnte kein signifikanter Unterschied zwischen Vorfuß-, Rückfußerhöhung und Neutral gefunden werden, wobei die Vorfußerhöhung im Mittel die höchsten H/Q-Ratios erzielte (V: 1,20, N: 1,18, R:1,09; p=0,228). Die gemessenen männlichen Probanden zeigten hier bei allen drei Bindungsaufbauten signifikant (p=0,09) höhere H/Q-Werte als die gemessenen Frauen.
Bei der Betrachtung von Untergruppen zeigten Skifahr-Könner (sichere Bewältigung von schwarzen Pisten) bei der Vorfußerhöhung signifikant (p=0,034) höhere H/Q-Werte als die Gruppe der Anfänger/Fortgeschrittenen. Bei der neutralen Bindung, sowie der Rückfußerhöhung ergaben sich keine signifikanten Unterschiede.
Aus den gemessenen Ergebnissen für die Bindungstypen lässt sich ableiten, dass eine Vor- oder Rückfußerhöhung keinen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des H/Q Ratios leisten kann. Der wichtigste Faktor scheint eine stabile Vorlage-Position auf dem Ski beziehungsweise die Vermeidung von Rücklage zu sein. Die Vorlage beziehungsweise das aktive Verlagern des Körperschwerpunktes im Kurvenwechsel ist ein Merkmal hochwertigen Kurvenfahrens.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR19-1569
doi: 10.3205/14dkou534, urn:nbn:de:0183-14dkou5343
Published: October 13, 2014
© 2014 Fehske et al.
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by G. H. | Apr 29, 2019 | Chirurgische Orthopädie, Konservative Orthopädie, News
Beurteilung chirurgischer Nahtmaterialien aus mikrobiologischer Sicht – sind gezahnte Fäden („barbed sutures“) eine neue Alternative?
Hofmann UK, Dhom J, Bloes D, Peschel A
Fragestellung: Seit wenigen Jahren steht ein neuartiges Nahtmaterial („barbed suture“) zum operativen Wundverschluss zur Verfügung, bei welchem statt einer Einzelknopfnaht eine fortlaufende Naht ohne abschließende Verknotung ermöglicht wird. Dies fusst auf dem Prinzip von gleichgerichteten Widerhaken entgegen der Stichrichtung. Als Vorteile werden eine im Nahtbereich homogenere Kraftverteilung und eine deutliche Verkürzung der OP-Zeit aufgeführt. In der wissenschaftlichen Literatur wurde dieses Material sehr positiv aufgenommen. Nicht nur von biomechanischer, sondern auch mikrobieller Überlegenheit wurde berichtet. Letztere erscheint aufgrund der Zahnung des Fadens nicht plausibel. Es wurden daher erneut die mikrobiellen Eigenschaften dieses Nahtmaterials kritisch untersucht und mit bisher etablierten Nahtmaterialien verglichen. Wir erwarteten vor allem unter den Einkerbungen der Zähne vermehrt Bakterien, was in der Folge auch eine antibiotische Therapie durch Biofilmbildung erschweren würde.
Methodik: Es erfolgte die bakterielle Exposition von den Nahtmaterialien Ethilon® II (monophil), Vicryl® (polyphil), Vicryl® Plus (polyphil, triclosanbeschichtet) und Quill® (monophil-gezahnt). Die in unserer Abteilung häufigsten Keime auf chirurgischen Abstrichen wurden getestet: S. aureus, S. epidermidis, E. coli,E. faecium und P. aeruginosa.
Nach kurzer Inkubation in der jeweiligen Bakteriensuspension erfolgte die Kultur auf Farbumschlagagar. Dies ermöglicht ein Auslesen der bakteriellen Stoffwechselaktivität durch Ausmessen des Farbumschlaghofes. Das gleiche Experiment wurde unter antibiotischer Exposition durchgeführt. Die Fäden wurden anschließend konfokal im Dunkelfeld mikroskopiert um die Lage der Bakterienkolonien auf den Fäden zu ermitteln.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Die geringste bakterielle Adhäsion und Kultur ist auf dem monophilen Faden nachweisbar. Der gezahnte Faden schneidet im Vergleich klar schlechter ab. Mikroskopisch liegen hier die Bakterienkulturen in den Einkerbungen unter den Zähnen. Der polyphile native Faden ist am stärksten bakteriell besiedelt, wobei die Kolonien in den Nischen zwischen den verflochtenen Einzelfasern liegen. Der erzielte Effekt der Triclosanbeschichtung ist dabei abhängig vom Resistenzprofil des jeweiligen Bakteriums. Sehr guter Erfolg zeigt sich z.B. bei S. aureus, kein Effekt bei P. aeruginosa.
Bei allen Fäden ist nach vorheriger bakterieller Besiedlung kaum ein Effekt durch antibiotische Behandlung zu erzielen. Der geringe Effekt externer Antibiose kann durch Biofilmbildung erklärt werden.
Im Unterschied zu bisherigen Publikationen finden sich auf dem gezahnten Faden mehr Bakterien als auf dem monophilen Nahtmaterial und dies erwartungsgemäß vor allem im Bereich der Zähne. Einer Verwendung zum Hautverschluß bei endoprothetischen Operationen stehen wir daher zurückhaltend gegenüber, die Verwendung z.B. als Kapselnaht scheint aus mikrobiologischer Sicht günstig. Zurückhaltung sollte zudem bei Operationen mit kontaminiertem Wundgrund geübt werden.
Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2014). Berlin, 28.-31.10.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocGR18-611
doi: 10.3205/14dkou533, urn:nbn:de:0183-14dkou5331
Published: October 13, 2014
© 2014 Hofmann et al.
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