„Orthopädie und Hüftbeschwerden: Trends, Diagnosen, Lösungen“

„Orthopädie und Hüftbeschwerden: Trends, Diagnosen, Lösungen“

Erschienen in JATROS Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 5/2025.
Das Interview führte Ulrike Arlt.


Im Interview gibt BVdO-Präsident Priv.-Doz. Dr. Florian Sevelda eine erste Vorschau auf das Programm der diesjährigen Jahrestagung im Dezember 2025 in Wien.

Herr Dr. Sevelda, Sie als Präsident des BVdO haben für die diesjährige Tagung im Dezember den wissenschaftlichen Schwerpunkt auf die Hüfte gelegt. Was sind Ihre Beweggründe dafür?

F. Sevelda: Wir haben das Thema Hüfte gewählt, da es ein wichtiges Thema ist, mit dem man als niedergelassene Orthopädin/niedergelassener Orthopäde sehr häufig konfrontiert wird. In der Niederlassung ist die Hüfte prinzipiell schon eines der Gelenke, wo viele Patient:innen mit verschiedensten Fragestellungen und unterschiedlichsten Alters kommen. Sie begleitet uns damit von der Vorsorge im Kindesalter bis hin zur Versorgung älterer Menschen.

Sind niedergelassene Orthopäd:innen die erste Anlaufstelle, falls der Verdacht auf ein Hüftproblem besteht?

F. Sevelda: Erste Anlaufstelle sind oft Hausärzt:innen, bei jungen Betroffenen häufig Kinderärzt:innen. In der Regel überweisen sie die Patient:innen anschließend an Fachärzt:innen für Orthopädie und Traumatologie. Die Hüfte ist ein Thema, mit dem sich jede:r niedergelassene Orthopäd:in befasst. Im Ordinationsalltag stößt man regelmäßig auf Krankheitsbilder – vom Kleinkind bis ins hohe Alter. Das macht die Hüfte zu einem spannenden Feld in der Niederlassung. Die Versorgung reicht von Neugeborenen über Sportler:innen bis zu älteren Patient:innen. Entsprechend spiegelt sich die Bedeutung der Hüfte auch in der Themenwahl der Referent:innen des Vortragsblocks 2: „Die Hüfte von jung bis alt.“

Das heißt, niedergelassene Orthopäd:innen beginnen ihre Patient:innen bereits im Babyalter zu begleiten. Was bedeutet dies in der Praxis für sie?

F. Sevelda: Das beginnt bereits beim Baby mit der Hüftsonografie, die viele Ordinationen anbieten. Sie ist ein sensibles Feld, da übersehene Befunde Spätfolgen nach sich ziehen können – mit möglicher juristischer Haftung. Eine unzureichende Ausbildung der Hüftpfanne lässt sich früh erkennen. Wird sie rechtzeitig entdeckt, kann man mit einfachen Maßnahmen wie Breitwickeln oder – bei ausgeprägteren Dysplasien – mit einer Schiene behandeln. Das Hüftscreening wurde von Professor Graf in Österreich entwickelt. Heute ist es in vielen Ländern Teil der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und ermöglicht, Fehlentwicklungen frühzeitig abzufangen.

Also ist der klassische Hüftpatient nicht unbedingt fortgeschrittenen Alters. Auch jüngere und sportliche Menschen können z.B. unter Ödemen leiden. Wird dies heutzutage häufiger diagnostiziert?

F. Sevelda: Nein, der klassische Hüftpatient ist nicht automatisch die ältere Person. Die Hüfte betrifft tatsächlich alle Altersgruppen – vom Neugeborenen über Sportler bis hin zu älteren Menschen. Ein Hüftkopfödem kann durch Sport entstehen, muss es aber nicht. Es gibt auch Menschen, die entwickeln ein Hüftkopfödem ganz ohne sportliche Belastung – man vermutet eine Durchblutungsstörung im Kopf. Dass Ödeme häufiger diagnostiziert werden, hängt vor allem mit der Verfügbarkeit von MRT zusammen. Seit es das MRT gibt, erkennt man diese Krankheitsbilder viel besser. Mehr dazu wird uns Dr. Klemens Vertesich, AKH Wien, berichten.

Es wird auch einen Themenschwerpunkt zur Osteoporose geben. Ist dies relevant für niedergelassene Orthopäd:innen?

F. Sevelda: Ja, wir nehmen auch einen Osteoporose-Block ins Programm auf, mit klinischen Fallbeispielen. Osteoporose ist gerade im Zusammenhang mit Hüftfrakturen ein wichtiges Thema.Für niedergelassene Orthopäd:innen ist das absolut relevant. Wir behandeln zahlreiche Patient:innen mit Osteoporose sowie nach operativen Eingriffen bei osteoporotischen Hüftkopf- und Schenkelhalsfrakturen. Im Vordergrund stehen dabei die Beratung und die Verabreichung einer individuell passenden Osteoporosetherapie. Aus positivem Feedback von unserem Thema „Osteoporose“ 2024 entstand die Idee, dass die BVdO-Tagung aktuelles Basiswissen und spezielles Wissen über Osteoporose für Orthopäd:innen vermitteln soll, praxisorientiert und mit Fallpräsentationen von PD Dr. Lothar Seefried und Prof. PD DDr. Roland Koccijan.

Die Vorträge an diesem Tag sind praxisorientiert und sollen interaktiv zur Diskussion einladen. Was können die Teilnehmer:innen erwarten?

F. Sevelda: Wir wollen, dass jede:r etwas mit nach Hause nimmt, das sich wirklich im Alltag einsetzen lässt. Darum arbeiten wir mit konkreten Fallbeispielen, stellen praxisnahe Lösungsansätze vor und laden aktiv zur Diskussion ein. Wer Fragen stellt oder eigene Erfahrungen teilt, profitiert doppelt: Man lernt von den anderen und bekommt gleichzeitig neue Impulse für die eigene Praxis. Die Tagung soll also nicht nur informieren, sondern auch inspirieren – und jeder Beitrag zählt.

Auch gesundheitspolitische Themen werden angesprochen. Wie sieht die Zukunft für niedergelassene Kassen- und Wahlärzt:innen in Österreich aus?

F. Sevelda: Die Zukunft der niedergelassenen Medizin in Österreich steht vor vielen Veränderungen. In den kommenden Jahren wird sich vor allem im Kassenbereich viel tun.

Telemedizinische Angebote wie Tele-Ordinationen werden ausgebaut, Patient:innen sollen verstärkt im extramuralen Bereich behandelt werden – nicht nur im Spital. Gleichzeitig dreht sich die Diskussion um Patient:innenlenkung und die Stärkung der niedergelassenen Versorgung.Für Ordinationsbetreiber spielen organisatorische Themen eine immer größere Rolle. Künstliche Intelligenz kann bereits heute administrative Aufgaben wie den Telefondienst übernehmen und entlastet das Personal. Gerade die Personalrekrutierung bleibt eine zentrale Herausforderung, da es zunehmend schwieriger wird, qualifizierte Mitarbeiter:innen zu finden.Die Tagung bietet eine wichtige Plattform, um sich über diese Entwicklungen auszutauschen.

In den traditionellen Roundtable-Diskussionen sprechen Vertreter der Ärztekammer, der ÖGK und Fachgruppen darüber, wie sich das solidarische Kassensystem und die Praxisabläufe der Zukunft gestalten sollen. Das betrifft jeden niedergelassenen Arzt und jede niedergelassene Ärztin direkt – deshalb ist es so relevant, diese Themen offen zu diskutieren.


BVdO-Jahrestagung

Am Samstag, dem 6. Dezember 2025 findet im Haus der Ingenieure in Wien die diesjährige Jahrestagung statt. Das Programm beschäftigt sich mit vielen Fragestellungen rund um das Thema „Stark aus der Mitte: alles rund ums Hüftgelenk“. Die Veranstaltung ist mit 4 DFP-Punkten der Österreichischen Ärztekammer approbiert, die wissenschaftliche Leitung hat Priv.-Doz. Dr. Florian Sevelda inne. Neben den wissenschaftlichen Sessions wird es auch eine Podiumsdiskussion zur Standespolitik zum Thema „Neue Wege in der Patient:innenversorgung: Chancen und Herausforderungen der niedergelassenen Versorgung“ geben.

„Orthopädie und Hüftbeschwerden: Trends, Diagnosen, Lösungen“

„Mit dem Thema Osteoporose werden niedergelassene Orthopäd:innen häufig konfrontiert“

Erschienen in JATROS Orthopädie & Traumatologie Rheumatologie 5/2024.
Das Interview führte Ulrike Arlt.


Im Interview gibt BVdO-Präsident Priv.-Doz. Dr. Florian Sevelda eine erste Vorschau auf das Programm der diesjährigen Jahrestagung im November 2024 in Wien.

Herr Dr. Sevelda, als Präsident des BVdO haben Sie im wissenschaftlichen Programm der diesjährigen Jahrestagung die Osteoporose zum Thema gemacht. Warum?

F. Sevelda: Wir haben das Thema Osteoporose gewählt, da es ein wichtiges Thema ist, mit dem man als niedergelassene Orthopädin/niedergelassener Orthopäde sehr häufig konfrontiert wird. In die Niederlassung kommen einerseits viele Patient:innen mit verschiedenen Fragestellungen rund um Osteoporose, andererseits entwickeln sich die Therapieoptionen stetig weiter. Zudem ist in diesem Jahr die neue österreichische Leitlinie zur Osteoporose erschienen – viele gute Gründe also, warum dies ein relevantes Thema für niedergelassene Orthopäd:innen ist. Dass großes Interesse an Wissen über Osteoporose besteht zeigt sich auch an den Fortbildungen u.a. der Ärztekammer, die bei diesem Thema meistens sehr gut und multidisziplinär besucht sind.

Sind niedergelassene Orthopäd:innen die erste Anlaufstelle, falls der Verdacht auf Osteoporose besteht?

F. Sevelda: Vieles läuft sicherlich erst einmal bei den Hausärzt:innen ab, vor allem wenn es um die Standardtherapie mit Vitamin D und Kalzium geht. Sobald spezifische Therapien gefragt sind, werden die Patient:innen mit Befunden und Knochendichtemessungen eher zu uns geschickt. Internist:innen und Rheumatolog:innen sind ebenfalls oft involviert, wenn es um Osteoporose geht, das sieht man auch an den Referent:innen bei wissenschaftlichen Fachvorträgen. Auch auf unserer Jahrestagung sprechen z.B. Frau OA Dr. Maya Thun und Assoc. Prof. OA Priv.-Doz. Dr. Roland Kocijan.

Das heißt, man könnte das wissenschaftliche Programm der Tagung als Fortbildung besonders für niedergelassene Orthopäd:innen verstehen, damit diese ihr Wissen in diesem Bereich vertiefen?

F. Sevelda: So ist es. Ich war heuer zum ersten Mal beim Osteoporoseforum am Wolfgangsee eingeladen, in einem Vortrag Osteoporosefälle aus meiner Praxis vorzustellen. Ich habe diese Fälle relativ selbstkritisch präsentiert, so wie ich sie in meinem Praxisalltag erlebt habe. Dabei habe ich auch von zwei, drei operativen Fällen berichtet, bei denen man aus osteologischer Sicht sicher noch etwas hätte besser machen können. Was mich überrascht hat: Ich habe noch nie so viel positives Feedback auf einen Vortrag erhalten! Aus diesem positiven Feedback entstand die Idee, dass die BVdO-Tagung aktuelles Basiswissen und spezielles Wissen über Osteoporose für Orthopäd:innen vermitteln soll, praxisorientiert, mit Fallpräsentationen und Podiumsdiskussionen, bei denen man unter anderem diskutieren kann, was anders hätte laufen können in der Therapie.

Ein praxisnahes Programm also, das sich auch kritisch mit Fallstricken und Red Flags auseinandersetzt?

F. Sevelda: Das ist der Plan. Wir wollen jeweils kurz einleitend erklären, warum das Thema relevant für niedergelassene Orthopäd:innen ist, und auch anhand von Fallbeispielen interdisziplinäre Diskussionen von Problemfällen initiieren.

Auch die Frage „Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine spezifische Therapie?“ wird auf der Tagung diskutiert. Wovon hängt der richtige Zeitpunkt ab?

F. Sevelda: Die Schwierigkeit ist, die Entwicklung der Osteoporose vorherzusagen. Es ist bekannt, wie hoch die Mortalität bei betagten Patient:innen ist, die eine Hüft- oder Schenkelhalsfraktur erleiden. Nach einem Jahr ist ein großes Kollektiv nicht mehr am Leben. Daher muss das erste Ziel sein, eine Fraktur zu vermeiden. Dabei hilft eine Risikokalkulation mit dem FRAX-Score, mithilfe dessen man ein Risikoprofil erstellen kann. Hier fließen unterschiedliche Parameter ein wie Geschlecht, Alter, Rauchen und Kortison und auch die Knochendichte kann einberechnet werden. Anhand dieses Scores kann ermittelt werden, ab welcher Schwelle man mit einer spezifischen Therapie starten sollte.

Sie gehen bei der Tagung auch auf die geriatrischen Patient:innen mit Wirbelkörperfrakturen ein. Ist das ein heikles Thema?

F. Sevelda: Dieses Thema wurde von Prim. Auersperg, dem Präsidenten der ÖGO, vorgeschlagen und dürfte vor allem für Spitalsärzt:innen interessant sein. Geriatrische Patient:innen mit osteoporotischen Frakturen belegen zum Teil über einen längeren Zeitraum Betten in Spitalsabteilungen, sodass andere Patient:innen, die z.B. eine Hüftprothese oder eine orthopädische Operation benötigen, nicht untergebracht werden können. Wir werden bei dieser Session die Frage diskutieren, ob man Patient:innen mit osteoporotischen Frakturen stationär betreuen sollte oder ob man das auch über den niedergelassenen Bereich oder über Schmerzambulanzen laufen lassen kann. Daraus könnte auch eine gesundheitspolitische Diskussion entstehen mit der Frage, wie man die Spitäler entlasten kann.

Generell sind alle Vorträge an diesem Tag praxisorientiert und sollen interaktiv zur Diskussion einladen, sodass jeder Einzelne etwas mitnehmen kann.

Auch gesundheitspolitische Fragen werden auf der Tagung diskutiert. Was bringt die Zukunft für niedergelassene Kassen- und Wahlärzt:innen?

F. Sevelda: Dieses Thema ist interessant, weil es heuer politische Veränderungen gegeben hat. Zum Teil wurde die Ärztekammer entmachtet. Es ist immer wieder im Gespräch, einen Gesamtvertrag zu entwerfen und das System, so wie es jetzt ist, vor allem für Kassenärzt:innen, aber auch für Wahlärzt:innen, ziemlich umzukrempeln und Leistungen zu vereinheitlichen. Das könnte erhebliche Veränderungen für niedergelassene Ärzte mit sich bringen. Man weiß nicht, was alles kommen wird, daher werden wir diese Punkte mit politischen Vertretern aus der Ärztekammer und aus der Fachgruppenvertretung diskutieren, die sicher ein bisschen Licht ins Dunkel bringen können.


BVdO-Jahrestagung

Am Samstag, den 16. November 2024 findet im Haus der Ingenieure in Wien die diesjährige Jahrestagung statt. Das Programm beschäftigt sich mit vielen Fragestellungen rund um das Thema „Osteoporose in der Orthopädie und Traumatologie“. Die Veranstaltung ist mit 6 DFP-Punkten der Österreichischen Ärztekammer approbiert, die wissenschaftliche Leitung hat Priv.-Doz. Dr. Florian Sevelda inne. Neben den wissenschaftlichen Sessions wird es auch einen Round Table zur Standespolitik mit der Frage „Was bringt die Zukunft für niedergelassene Kassen- und Wahlärzt:innen?“ geben.

 
„Nur gemeinsam sind wir stark“

„Nur gemeinsam sind wir stark“

Trotz des Wintereinbruchs mit einhergehendem Verkehrschaos fanden 163 Besucher:innen am 2. Dezember den Weg ins Haus der Ingenieure, um an der BVdO-Jahrestagung teilzunehmen. „Alles rund ums Knie“ lautete das Hauptthema, das in Fachvorträgen von verschiedenen Seiten betrachtet wurde. Davor gab es jedoch noch einen gesundheitspolitischen Block: Prof. Dr. Ronald Dorotka berichtete über den aktuellen Stand betreffend die 15a-Vereinbarungen der Finanzausgleichsverhandlungen, die ja eine starke Beschneidung der Kompetenzen und Mitspracherechte der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) vorgesehen hatten. Nach Verhandlungen mit dem Gesundheitsministerium wurden die Pläne zum Teil wieder geändert. So wurde zum Beispiel die geplante Aut-idem-Wirkstoffverschreibung ersatzlos gestrichen und die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) wird auch künftig keine Einzelverträge mit Ärzt:innen ohne Gesamtvertrag abschließen können. Vorläufig auf unbestimmte Zeit verschoben wurde das für 2026 geplante Einfrieren der Honorare, wenn kein Gesamtvertrag vorliegt. Dass Kassenstellen in Zukunft durch die Sozialversicherungen ohne Mitspracherecht der ÖÄK vergeben werden, bleibt Gegenstand von weiteren Verhandlungen. Eine wichtige Veränderung wird ab 2025 schlagend: Wer dann seinen Vertrag mit der ÖGK kündigt, wird auch keine Verträge mehr mit kleinen Kassen abschließen können. „E-Card und ELGA werden ab 2026 verpflichtend, sofern technisch möglich und verhältnismäßig“, berichtet Dorotka weiter. Die verpflichtende ICD-10-Codierung wird kein Gesetz, sondern nach aktuellem Stand eine ministerielle Verordnung werden.

Trotz erreichter Teilerfolge wird der Einfluss der ÖÄK auf die Gesundheitsversorgung geschmälert. „Umso wichtiger ist ein starker Berufsverband“, betonte Dorotka. Nähere Informationen zur Mitgliedschaft beim BVdO findet man unter www.austrian-orthopaedics.com/mitgliedschaft.

Über den aktuellen Ausbildungsstand und Trends und Herausforderungen der Zukunft diskutierten anschließend unter Leitung von Doz. Florian Sevelda: Prof. Dr. Ronald Dorotka, Dr. Richard Maier (Bundesfachgruppenobmann Unfallchirurgie) und als Vertreterin der jungen Generation Doz. Madeleine Willegger. Dr. Volker Steindl, Bundesfachgruppenobmann des neuen Faches Orthopädie und Traumatologie (OT) war ebenfalls geladen, war jedoch aufgrund des Schneechaos auf dem Weg von Tirol nach Wien im Verkehr steckengeblieben und konnte an der Diskussion leider nicht teilnehmen.

Seit 8 Jahren werden nun schon Ärzt:innen im neuen Fach OT in Österreich ausgebildet. Mittlerweile ist deren Anteil etwa gleich hoch wie der von Fachärzt:innen in den beiden „alten“ Fächern Orthopädie und orthopädische Chirurgie bzw. Unfallchirurgie. Alle drei zusammen bilden mit einer Anzahl von über 3700 die zweitgrößte Fachgruppe in der Ärztekammer. Allerdings, so Maier, sei in den nächsten Jahren ein Pensionierungsschub zu erwarten, wie aus der Altersverteilung zu schließen ist. Es gilt also, rechtzeitig für Nachwuchs zu sorgen.

„Durch die Zusammenlegung der Fächer ist die Ausbildung in OT äußerst umfangreich geworden, der Trend wird daher in Richtung Spezialisierung gehen“, meint Willegger. Nach der Grundausbildung sind Wahlmodule zu absolvieren. Die praktische Umsetzung dieses Modells erweist sich jedoch mitunter als schwierig, denn nicht alle Lehrkrankenhäuser können alle Spezialisierungen mit den geforderten Fallzahlen anbieten.

Für Studierende, die vorhaben, im niedergelassenen Bereich tätig zu werden, sei die Ausbildung in Lehrpraxen ideal, um die Praxis möglichst früh kennenzulernen, meinten übereinstimmend alle Diskutanten. Die Grundausbildung kann laut Ausbildungsordnung bis zu 50% in einer Lehrpraxis absolviert werden. Jedoch fehlt es an genügend Angeboten dafür.

Dennoch sieht Dorotka die Zukunft des neuen Faches „heute optimistischer als noch vor ein paar Jahren“. Denn: „Alle drei Fachgruppen werden respektiert und informiert und die Zusammenarbeit funktioniert gut.“ In einigen Bundesländern sprechen die drei Fachgruppen bereits „eine Sprache“, bestätigt Maier. Die Forderung des Ministeriums nach einem einzigen Ansprechpartner für alle drei Fächer werde sich in Zukunft von selbst erfüllen, nicht zuletzt durch das Wachsen der Gruppe der OT-Fachärzt:innen.

Bericht: Mag. Christine Lindengrün

Quelle: BVdO-Jahrestagung, 2. Dezember 2023, Wien

Fotocredit: @AdobeStock/Anna

Halbschlitten versus Totalendoprothese

Halbschlitten versus Totalendoprothese

Laut einer Metaanalyse, die untersuchte, welche Kompartimente bei Kniearthrose betroffen sind, ist mit 27% die isolierte mediale Gonarthrose die häufigste Lokalisation.¹ 50% aller Goanrthrosen betreffen nur ein Kompartiment. „Trotzdem werden zu 90% totale Knieendoprothesen implaniert und nur zu 10% Teilprothesen“, sagte Doz. Florian Sevelda bei der BVdO-Jahrestagung 2023. Der Grund dafür ist, dass in Registerdaten schlechtere Implantatüberlebensraten für Schlittenprothesen im Vergleich zur Totalendoprothese ausgewiesen werden. Sevelda berichtet jedoch, dass an spezialisierten Zentren mit hoher Operationsfrequenz pro Operateur die revisonsfreien Überlebensraten von Schlitten versus KTEP durchaus vergleichbar sind.²⁻⁴ Geringere Invasivität, schnellere Rehabilitation, physiologische Gelenkskinematik, höhere Patientenzufriedenheit und geringere Patientensterblichkeit wären die Vorteile der Schlittenprothese im Vergleich zur Totalendoprothese.⁵’⁶ Hinsichtlich Funktion ergab eine Auswertung von Registerdaten, dass Schlittenprothesen vor allem bei der Flexion signifikant besser abschneiden als Totalendoprothesen.⁷
„Durchwegs ist von Schlittenprothesen eine bessere Funktion, vor allem in den ersten Wochen nach der OP, zu erwarten“, so Sevelda. Die ideale Indikation für die mediale Schlittenprothese ist die isolierte anteromediale Gonarthrose Grad 4 ohne extraartikuläre Fehlstellung mit intaktem vorderem Kreuzband (VKB) und Redressierbarkeit des Kniegelenks in orthograde Stellung. Eine absolute Kontraindikation ist die fortgeschrittene Arthrose im kontralateralen Kompartiment oder retropatellar. Ein insuffizientes VKB stellt für Sevelda eine relative Kontraindikation dar.
Bei allen Vorteilen bringt die Schlittenprothese auch einige Herausforderungen mit sich, z.B ist der sagittale Schnitt in die Tibia technisch schwierig und birgt das Risiko einer Tibiafraktur. „Schlittenprothesen verzeihen kaum Fehler“, so Sevelda. Die Implantation sollte deshalb in spezialisierten Zentren von erfahrenen Operateuren durchgeführt werden.

Bericht: Mag. Christine Lindengrün

Quelle: BVdO-Jahrestagung, 2. Dezember 2023, Wien

Referenzen: 1 Stoddart JC et al.: The compartmental distribution of knee osteoarthritis – a systematic review and meta-analysis. Osteoarthritis Cartilage 2021 ; 29(4) : 445-55 2 Mohammad HR et al.: Long-term outcomes of over 8,000 medial Oxford phase 3 unicompartmental knees—a systematic review. Acta Orthop 2018; 89(1): 101-7 3 Liddle AD et al.: Effect of surgical caseload on revision rate following total and unicompartmental knee replacement. J Bone Joint Surg Am 2016; 98(1): 1-8 4 Liddle AD et al.: Optimal usage of unicompartmental knee arthroplasty: a study of 41 986 cases from the National Joint Registry for England and Wales. Bone Joint J 2015; 97-B(11): 1506-11 5 Liddle AD et al.: Adverse outcomes after total and unicompartmental knee replacement in 101 330 matched patients: a study of data from the National Joint Registry for England and Wales. Lancet 2014 ; 384(9952): 1437-45 6 Liddle AD et al.: Patient-reported outcomes after total and unicompartmental knee arthroplasty: a study of 14,076 matched patients from the National Joint Registry for England and Wales . Bone Joint J 2015 ; 97-B(6) : 793-801 7 Mohammad HR et al.: A matched comparison of cementless unicompartmental and total knee replacement outcomes based on the National Joint Registry for England, Wales, Northern Ireland and the Isle of Man. Acta Orthop 2022; 93 : 478-87

Fotocredit: @AdobeStock/Crystal light